Referenzzeitraum zur Berechnung von Mutterschutzlohn
Referenzzeitraum zur Berechnung von Mutterschutzlohn
In dem Fall geht es genau genommen um den Referenzzeitraum zur Berechnung von Mutterschutzlohn und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.
Die Vorschriften zum Mutterschutzlohn und zum Zuschuss zum Mutterschaftsgeld sehen ausnahmslos einen dreimonatigen Referenzzeitraum vor. Dieser ist regelmäßig auch bei schwankender Vergütungshöhe maßgeblich. Das Abstellen auf 12 Monate kann nur ausnahmsweise erfolgen. Voraussetzung dafür ist eine „saisonal stark schwankende variable Vergütung“.
Entscheidungsanalyse zu LAG Köln, 28.08.2024 – 5 SLa 45/24
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Höhe des Mutterschutzlohnes und des Zuschusses zum Mutterschutzlohn. Die Klägerin ist seit Januar 2017 als Flugbegleiterin bei der Beklagten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für die Beklagte maßgeblichen Tarifverträge Anwendung, u.a. der „Tarifvertrag Saisonalitätsmodelle Kabine Nr. 2“ (TV SMK). Für die Wintermonate November bis Februar sieht der Tarifvertrag seit November 2019 für die teilzeitbeschäftigen Mitarbeiter eine monatliche Zahlung von jeweils 400,00 Euro brutto vor (sog. „Winterzulage SMK“). Von März 2020 bis zum März 2022 befand sich die Klägerin in Kurzarbeit. Im Februar 2022 wurde die Klägerin schwanger. Die Klägerin entband am 06.12.2022. Wegen der Schwangerschaft bestand ab dem 06.04.2022 ein Beschäftigungsverbot. Der Mutterschutz währte vom 15.10.2022 bis zum 31.01.2023. Seither gilt für die Klägerin ein Beschäftigungsverbot, weil sich die Klägerin in Stillzeit befindet. Die Beklagte zahlte der Klägerin Mutterschutzlohn und einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. In beiden Fällen stellte die Beklagte bei der Berechnung auf die letzten 12 Monate vor Einführung der Kurzarbeit ab. Die Klägerin vertritt die Auffassung, maßgeblich sei für beide Ansprüche ein Referenzzeitraum von drei Monaten. Das ArbG hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg. Unter dem Aktenzeichen 5 AZR 286/24 ist die Revision in dieser Angelegenheit anhängig.
Entscheidungsanalyse:
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Mutterschaftslohn für den Zeitraum April 2022 bis Juli 2024 (§ 18 Satz 1 MuSchG) und eines Zuschusses zum Mutterschutzlohn für den Zeitraum vom 15.10.2022 bis zum 31.01.2023 (§ 20 Abs. 1 Satz 1 MuSchG) in der eingeklagten Höhe. Der Referenzzeitraum beträgt drei Monate. Für die Höhe der Ansprüche der Klägerin kommt es auf den durchschnittlichen Verdienst in den letzten drei Monaten vor Eintritt der Schwangerschaft bzw. in den letzten drei Monaten vor Beginn der Schutzfrist an. Eine Verlängerung des Berechnungszeitraums auf 12 Monate ist nicht angezeigt. Der Wortlaut der Vorschriften (§ 18 Satz 2 MuSchG, § 20 Abs. 1 Satz 2 MuSchG) sieht ausnahmslos einen dreimonatigen Referenzzeitraum vor. Dies gilt grundsätzlich auch bei schwankender Vergütungshöhe. Das Abstellen auf 12 Monate kann nur ausnahmsweise erfolgen. Voraussetzung ist eine „saisonal stark schwankende variable Vergütung“ (BAG, Urteil vom 31.05.2023 – 5 AZR 305/22). In einem solchen Fall kann sich ergeben, dass ein dreimonatiger Referenzzeitraum dem Sinn und Zweck der Regelungen nicht mehr gerecht wird. Dieser besteht darin, der Frau einen möglichst gleichbleibenden Verdienst sicherzustellen. Arbeitgeber sollen in die Lage versetzt werden, die Ansprüche ihrer Mitarbeiterinnen schnell und unkompliziert zu ermitteln. Im vorliegenden Fall ist eine „saisonal stark schwankende variable Vergütung“ nicht gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass das BAG in einem die Beklagte betreffenden Verfahren einen Referenzzeitraum von 12 Monaten zugrunde gelegt hat (BAG, Urteil vom 31.05.2023, 5 AZR 305/22). Die Sachverhalte beider Verfahren unterscheiden sich erheblich. In dem vom BAG zu beurteilenden Sachverhalt lag noch kein Tarifvertrag, der die Zahlung einer Winterzulage vorsieht, vor. Hierauf hat das BAG in dem Tatbestand des Urteils ausdrücklich hingewiesen. Nach Auffassung des LAG Köln hat die Vereinbarung des Tarifvertrages zur Folge, dass nunmehr entsprechend der gesetzlichen Regelung auf einen dreimonatigen Referenzzeitraum abzustellen ist. Aufgrund der tariflichen Regelungen ist in einer Pauschalbetrachtung für alle Arbeitnehmerinnen anzunehmen, dass die variable Vergütung keinen erheblichen Schwankungen unterlegen ist.
Praxishinweis:
Für die Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsentgelts (§ 21 MuSchG) kommt es auf die letzten abgerechneten Monate unmittelbar vor dem Beginn der Schwangerschaft (Mutterschutzlohn) bzw. unmittelbar vor Beginn der Schutzfrist (Zuschuss zum Mutterschaftsgeld) an. Dies gilt unabhängig davon, ob der Referenzzeitraum drei oder 12 Monate beträgt.
Wenn Sie Fragen zum Thema Referenzzeitraum zur Berechnung von Mutterschutzlohn und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld haben, dann nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf.