Verhinderung der Beweisführung durch einen Versicherungsnehmer
Verhinderung der Beweisführung durch einen Versicherungsnehmer
Eine Verhinderung der Beweisführung durch einen Versicherungsnehmer kann dadurch erfolgen, dass die beweiserheblichen Unterlagen, an denen der Versicherer berechtigterweise ein Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht hat, nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden können, weil sich der Versicherungsnehmer schuldhaft nicht einer notwendigen Geheimhaltungsverpflichtung unterwirft und so bereits die weitere Darlegung durch den Versicherer verhindert wird.
Entscheidungsanalyse zu OLG Bremen, 06.09.2024 – 3 U 42/23
Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit von Prämienanpassungen in ihrer privaten Krankenversicherung und Rückzahlung angeblich zu viel geleisteter Prämien. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Einwandes zur materiellen Wirksamkeit der Beitragsanpassung ist das LG davon ausgegangen, dass aufgrund einer Beweisvereitelung durch die Klägerin eine ggf. erforderliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht durchgeführt werden konnte. Die zur Vorbereitung der Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten erforderliche Einführung geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen in den Prozess sei nicht möglich gewesen, da diese Unterlagen aufgrund der Geheimschutzbedürftigkeit den klägerischen Vertretern nur nach einer Verpflichtung zur Verschwiegenheit hätten ausgehändigt werden können. Die Kammer habe in der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass eine solche Verschwiegenheitsverpflichtung erfolgen solle. Es sei jedoch eine Geheimhaltungsverpflichtung nicht möglich gewesen, da kein Prozessvertreter der Klägerin im Termin erschienen sei, sondern ein anderer Rechtsanwalt, der lediglich unter Bezugnahme auf eine zu den Akten genommene Terminvollmacht aufgetreten sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin.
Der 3. Zivilsenat des OLG Bremen hat entschieden, dass das LG die Klage zu Recht abgewiesen hat. Zur Begründung weist der Senat zunächst darauf hin, dass hier die grundsätzliche Notwendigkeit eines Geheimhaltungsbeschlusses nach § 174 Abs. 3 GVG besteht. Das OLG stellt zudem klar, dass in der Nichtwahrnehmung des zum Erlass der vor der Einholung des Sachverständigengutachtens notwendigen Geheimhaltungsverpflichtung nach § 174 Abs. 3 GVG sowie zur Übergabe der geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen bestimmten Termins durch die Klagepartei und einen mit vollumfänglicher Prozessvollmacht ausgestatteten Rechtsanwalt eine Beweisvereitelung zu sehen ist. Eine Verhinderung der Beweisführung kann aus Sicht des Senats nämlich dadurch eintreten, dass die beweiserheblichen Unterlagen, an denen der Versicherer berechtigterweise ein Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht hat, nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden können, weil die Klägerseite sich schuldhaft nicht der notwendigen Geheimhaltungsverpflichtung unterwirft und so bereits die weitere Darlegung durch die Beklagte verhindert wird. Daher seien hier die Beitragsanpassungen sowohl formell als auch materiell wirksam gewesen.
Praxishinweis:
Das OLG Bremen weist hier zur Begründung auch auf Folgendes hin: War nur ein Rechtsanwalt mit Terminvollmacht und damit kein zur Unterwerfung unter die Geheimhaltungsverpflichtung bereiter Hauptbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesend, so ist eine Geheimhaltungsverpflichtung dieses Rechtsanwalts sinnlos, da dieser nicht zum Vortrag in der Sache sowie zum Ergebnis der Einsichtnahme in die geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen bevollmächtigt ist (OLG Bremen, Beschluss vom 22.05.2024 – 3 U 39/23). Im konkreten Fall ist die Berufung wegen dieses Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden.
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