Entschädigung für Barbetreiber in Düsseldorf aus Betriebsschließungsversicherung
Eine Versicherung kann zur Zahlung von Versicherungsleistungen (hier: in Höhe von über 750.000 Euro) verpflichtet sein, wenn Bars (hier: in der Düsseldorfer Altstadt) jedenfalls 30 Tage im ersten Corona-Lockdown 2020 geschlossen werden mussten. Der Versicherungsumfang kann nach den Versicherungsbedingungen auch auch den Erreger SARS-CoV2 umfassen, obwohl das Virus naturgemäß in den älteren Versicherungsbedingungen keine Erwähnung gefunden hat.
Sachverhalt:
Zwei Betreiberinnen von drei bekannten Bars in der Düsseldorfer Altstadt, die Klägerinnen, hatten in den Jahren 2017 und 2018 bei der beklagten Versicherung so genannte Betriebsschließungsversicherungen abgeschlossen. In den Bedingungen der Versicherungen heißt es: „Der Versicherer leistet Entschädigung für den Fall, dass von der zuständigen Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz-IfSG) gemäß BII 4 § 1 – der versicherte Betrieb geschlossen wird gemäß B II 4 § 1 Nr. 1:“ Unter B II 4 § 1 und § 2 heißt es: „§ 1 Versicherungsumfang Der Versicherer leistet … Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe § 2) 1. den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte des versicherten Betriebes zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; … § 2 Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger Meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger; …“ Bei den aufgezählten Krankheiten und Krankheitserregern ist das Virus SARS-CoV2 nicht aufgeführt. Die Klägerinnen schlossen ihre drei Bars aufgrund der Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 18.03.2020 zum Schutz der Bevölkerung vor dem Virus SARS-CoV-2. Die Klägerinnen verlangen von der Versicherung 75 % des Tagesumsatzes des Vorjahres für 30 Tage, also den vereinbarten Versicherungszeitraum.
Entscheidungsanalyse:
Die 10. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf hat geurteilt, dass die Klägerinnen von der beklagten Versicherung auf Grundlage der jeweiligen Firmen ModularSchutz Versicherungsverträge in Verbindung mit Teil B II 4 § 1 Nr.1 der Versicherungsbedingungen die geltend gemachte Entschädigung für 30 Schließungstage beanspruchen können. Zwischen der Beklagten und den Klägerinnen bestünden jeweils inhaltsgleiche Versicherungsverträge, in welche die Versicherungsbedingungen für Firmen ModularSchutz (Verbraucherinformationen) einbezogen worden seien. Nach Auffassung der Kammer war im konkreten Fall die Betriebsschließung auch durch die zuständigen Behörden angeordnet worden. Aus Sicht des LG kann nämlich aus dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen nicht abgeleitet werden, dass eine Allgemeinverfügung, wie sie hier durch die Stadt Düsseldorf vom 18.03.2020 erlassen wurde, nicht in den Regelungsbereich des Versicherungsvertrages fallen sollte. Es mache keinen Unterschied, ob eine Schließung unmittelbar gegen den Betrieb durch behördliche Einzelverfügung ergehe, oder sich diese Pflicht für alle von der Allgemeinverfügung betroffenen Unternehmen richte. Die Kammer stellt zudem klar, dass der Versicherungsumfang nach den Regelungen B II 4 § 1.1 in Verbindung mit § 2 der Versicherungsbedingungen auch den Erreger SARS-CoV2 umfasst, obwohl das Virus in § 2 Ziffer 1. und 2. naturgemäß in den älteren Versicherungsbedingungen keine Erwähnung gefunden hat. Nach Überzeugung des LG besteht auch in Fällen der vorliegenden Art Versicherungsschutz. Die Kammer erläutert, dass die genannte Klausel intransparent und insoweit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Denn es werde auch für einen in der Branche tätigen Kaufmann nicht in hinreichender Weise klar herausgestellt, dass die genannten Krankheiten abschließend aufgezählt sind und der Versicherungsschutz für neu entstehende Krankheitserreger ausgeschlossen sei. Dies gilt nach Worten der Kammer insbesondere mit Blick auf die Verweisung auf §§ 6, 7 Infektionsschutzgesetz, die Öffnungsklauseln für nicht genannte Krankheiten und Erreger enthalten. Das LG hält außerdem die Forderungen auch in der Höhe für gerechtfertigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klage bis auf einen Teil der Zinsforderungen begründet ist.
Praxishinweis:
Das LG Düsseldorf nimmt in diesem Urteil zu der umstrittenen Frage Stellung, inwieweit ältere Vertragsbedingungen zu Betriebsschließungsversicherungen auch Betriebsschließungen erfassen, die auf das Corona Virus bezogen sind. Die derzeit überwiegende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung verneint nach Worten des LG einen Versicherungsschutz (LG Hamburg, Urteil vom 03.11.2020 – 332 O 190/20; LG Bayreuth, Urteil vom 15.10.2020 – 22 O 207/20; OLG Hamm, Beschluss vom 15.07.2020 – I-20 W 21/20, Günter/Piontek in r+s 2020, S. 242 f.). Das LG Düsseldorf hält in diesem Urteil jedoch die Auffassung für zutreffend, die in Fällen der vorliegenden Art einen Versicherungsschutz bejaht (LG München I, Endurteil vom 01.10.2020 – 12 O 5895/20; Armbrüster in seiner Anmerkung zum Beschluss des OLG Hamm vom 15.07.2020 – I-20 W 21/20 – in r+s 2020, 507 f.).
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
LG Düsseldorf, 19.02.2021, 40 O 53/20
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