Beweis des zuletzt ausgeübten Berufs bei Berufsunfähigkeitsversicherung
Darlegung und Beweis des zuletzt ausgeübten Berufs bei der Berufsunfähigkeitsversicherung
Entscheidungsanalyse zu LAG Niedersachsen, 16.06.2025 – 15 SLa 856/24
Auch bei einer streitigen depressiven Erkrankung des Versicherungsnehmers, die einer geltend gemachten Berufsunfähigkeit zugrunde liegen soll, ist es regelmäßig prozessual erforderlich, dass vor einer medizinischen Begutachtung zunächst unverrückbar festgestellt wird, welches Berufsbild der medizinische Sachverständige im Hinblick auf den vom Versicherten zuletzt ausgeübten Beruf zugrunde zu legen hat.
Sachverhalt:
Der Kläger macht Versicherungsleistungen sowie einen Prämienrückzahlungsanspruch im Hinblick auf eine bei der Beklagten unterhaltene Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend. Der Kläger suchte verschiedene Ärzte auf, die bei ihm eine mittelgradige Depressionserkrankung diagnostizierten. Gegen den Kläger ist ein Versäumnisurteil vom März 2023 ergangen, mit dem seine Klage abgewiesen worden ist. Hiergegen hat er Einspruch eingelegt und diesen begründet. Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG sein Versäumnisurteil aufrechterhalten. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Entscheidungsanalyse:
Der 25. Zivilsenat des OLG Karlsruhe hat geurteilt, dass der klagende Versicherungsnehmer für die Art und Ausgestaltung der von ihm bis Mai 2019 bei seinem Arbeitgeber zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit jedenfalls beweisfällig geblieben ist. Auch bei einer streitigen depressiven Erkrankung, die einer geltend gemachten Berufsunfähigkeit zugrunde liegen soll, ist es aus Sicht des OLG regelmäßig prozessual geboten, dass vor einer medizinischen Begutachtung zunächst unverrückbar festgestellt wird, welches Berufsbild der medizinische Sachverständige im Hinblick auf den vom Versicherten zuletzt ausgeübten Beruf zugrunde zu legen hat. Nach Überzeugung des Senats ist der Kläger hier beweisfällig, da er keinen ihm zumutbaren Zeugenbeweis – etwa durch Benennung seiner damaligen Vorgesetzten, Kollegen oder Kunden, welche die beweisbedürftigen Einzelheiten seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit schildern könnten – angetreten hat. Die Darlegungs- und Beweisgrundsätze zu Art und Ausgestaltung des bisherigen Berufs können nach Worten des OLG nur dann ausnahmsweise in eingeschränkter Form anzuwenden sein, wenn der Versicherte derart schwer erkrankt ist, dass die Unmöglichkeit, den bisherigen Beruf weiter auszuüben, offenkundig ist.
Praxishinweis:
Das OLG Karlsruhe verdeutlicht in diesem Urteil die Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des zuletzt ausgeübten Berufs, sofern der Versicherte die geltend gemachte Berufsunfähigkeit auf eine streitige depressive Erkrankung stützt. Nach Auffassung des OLG Karlsruhe lassen schwere depressive Erkrankungen nicht zwangsläufig – anders als etwa eine Querschnittslähmung, ein dauerhaftes Koma oder amputierte Gliedmaße – stets offenkundige und für jeden Dritten eindeutige Auswirkungen auf bestimmte Berufsbilder erkennen. Daher ist es nach Worten des OLG gerade im Falle einer streitigen depressiven Erkrankung regelmäßig prozessual geboten, dass vor einer medizinischen Begutachtung zunächst festgestellt wird, welches Berufsbild der medizinische Sachverständige im Hinblick auf den vom Versicherten zuletzt ausgeübten Beruf zugrunde zu legen hat.
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