Anforderungen an Invaliditätsbescheinigung in Unfallversicherung
Anforderungen an eine Invaliditätsbescheinigung in der privaten Unfallversicherung
An eine Invaliditätsbescheinigung in der privaten Unfallversicherung sind keine hohen Ansprüche zu stellen. Dennoch genügt es nicht, wenn sie nur die Invalidität als solche, nicht jedoch die (Mit-)ursächlichkeit des Unfallereignisses feststellt.
Entscheidungsanalyse zu OLG Dresden, 11.03.2025 – 4 U 1213/24
Sachverhalt:
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherungspolice, Versicherungsbeginn war der 01.08.2020. Am 06.09.2020 rutschte der Kläger auf dem Balkon seiner Wohnung aus und stürzte auf seine rechte Hand, den rechten Unterarm und den Hinterkopf. Den Unfall zeigte er der Beklagten an. Der Kläger hat außerdem behauptet, er habe am 23.09.2020 gegen 17:00 Uhr einen Fahrradunfall erlitten, bei dem er auf das linke Knie und die linke Hand gestürzt sei und sich den linken Daumen gebrochen habe. Diesen Unfall hat er mittels eines Schadensformulars angezeigt, das er der Beklagten per E-Mail übersandte. Auf der Grundlage eines Gutachtens lehnte die Beklagte mit Schreiben vom März 2022 ihre Leistungspflicht für den Unfall vom 06.09.2020 ab, da ein (messbarer) Dauerschaden als ursächliche Unfallfolge nicht eingetreten bzw. nicht zu erwarten sei. Mit der Behauptung, es seien unfallbedingte Dauerschäden entstanden, begehrt der Kläger Leistungen aus dem Unfallversicherungsvertrag. Das LG hat die Klage wegen Fehlens einer fristgerecht getroffenen ärztlichen Invaliditätsfeststellung abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.
Entscheidungsanalyse:
Der 4. Zivilsenat des OLG Dresden hat entschieden, dass der klagende Versicherungsnehmer zu keinem Zeitpunkt eine fristgemäße ärztliche Invaliditätsfeststellung zu den infolge der Unfälle vom 06. und 23.09.2020 eingetretenen Gesundheitsschäden vorgelegt hat. Seine Berufung habe daher keinen Erfolg. Aus Sicht des Senats genügt es nicht, dass der Arzt einen konkreten, die Leistungsfähigkeit beeinflussenden Gesundheitsschaden bescheinigt. Kumulativ hinzutreten müsse die ärztliche Feststellung, dieser sei Unfallfolge und von Dauer. Auch wenn an eine Invaliditätsbescheinigung in der privaten Unfallversicherung keine hohen Anforderungen zu stellen sind, reicht es nach Ansicht des OLG nicht, wenn sie nur die Invalidität als solche bescheinigt, aber keine Feststellung enthält, ob das Unfallereignis hierfür (mit-)ursächlich gewesen ist. Fehlt es hieran, so sind Leistungsansprüche grundsätzlich ausgeschlossen. Dies sei hier der Fall. Der Senat kritisiert, dass hier mit den vorgelegten ärztlichen Attesten und Unterlagen teilweise keine dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung belegt wird. Hinsichtlich weiterer behaupteter Gesundheitsschäden fehle außerdem die ärztliche Feststellung, dass diese zumindest auch als Unfallfolge eingetreten sind. Nach Ansicht des OLG ist die beklagte Versicherungsgesellschaft hier auch im Hinblick auf die geleisteten Vorschusszahlungen nicht daran gehindert, sich auf fehlende ärztliche Invaliditätsfeststellung zu berufen
Praxishinweis:
Das OLG Dresden verdeutlicht in dieser Entscheidung die Anforderungen an eine Invaliditätsbescheinigung. Es weist hierbei auch darauf hin, dass der Versicherungsnehmer die Ankündigung einer Vorschusszahlung durch den Versicherer nur dann als konstitutives Schuldanerkenntnis verstehen kann, wenn zuvor Streit über die grundsätzliche Einstandspflicht, insbesondere über die Unfallbedingtheit der körperlichen Beschwerden bestand. Im konkreten Fall konnte der klagende Versicherungsnehmer die Ankündigung von Vorschusszahlungen nach Ansicht des OLG nur als Mitteilung über die Erfüllungsbereitschaft des Versicherers, aber nicht als Anerkenntnis im Sinne eines konstitutiven Schuldanerkenntnisvertrages verstehen.
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