Kein Anspruch auf Zuschläge für Betriebsratstätigkeit
Kein Anspruch auf Zuschläge für Betriebsratstätigkeit in tarifvertraglich zuschlagspflichtiger Zeit
Vollständig freigestellte Betriebsratsmitglieder haben keinen Anspruch auf Vergütung derjenigen Betriebsratstätigkeiten, die sie in nach einem Tarifvertrag zuschlagspflichtiger Zeit erbringen. Sie haben dagegen Anspruch auf die Zuschläge, die angefallen wären, wären sie nicht von der Arbeitsleistung zur Erbringung der Betriebsratstätigkeit freigestellt worden.
Entscheidungsanalyse zu LAG Düsseldorf, 28.03.2025 – 7 SLa 41/24
Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, ob und in welchem Umfang dem Kläger für erforderliche Betriebsratstätigkeit in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen Zuschläge zustehen. Der Kläger ist seit 2000 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der MTV Metall NRW Anwendung, der u.a. Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vorsieht. Seit 01.03.2021 ist der Kläger freigestelltes Betriebsratsmitglied. Vor Antritt seines Betriebsratsamtes war der Kläger in Wechselschicht tätig und erhielt hierfür Zuschläge nach MTV Metall NRW. Hierzu gehörten auch Nachschichtzuschläge, wenn seine Schicht in die nachtzuschlagspflichtige Zeit hineinfiel. Der Kläger erhält neben seiner Grundvergütung eine sogenannte „Ausgleichszulage BR“. Deren Berechnung orientiert sich an den in der Vergangenheit – als der Kläger noch kein Betriebsratsmitglied war – individuell erbrachten Schichten zu zuschlagspflichtigen Zeiten und soll der Vermeidung eines Entgeltausfalls nach § 37 Abs. 4 BetrVG dienen. Darüber hinaus erhielt der Kläger bis einschließlich Mai 2023 für tatsächlich erbrachte Betriebsratstätigkeit zu zuschlagspflichtigen Zeiten i.S.d. MTV Metall NRW variable Schichtzuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, soweit diese die Ausgleichspauschale BR überstiegen. Seit Juni 2023 leistete die Beklagte diese individuellen Zuschläge nicht mehr. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass er einen Anspruch auf die Zuschläge für die Zeiten, in denen er Betriebsratstätigkeit zu zuschlagspflichtigen Zeiten erbringe, aus dem MTV Metall NRW habe und hat entsprechende Klage erhoben. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat vor dem LAG Düsseldorf Erfolg.
Entscheidungsanalyse:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf zusätzliche Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit nach dem MTV Metall NRW für Betriebsratstätigkeiten, die er in den eigentlich nach dem MTV Metall NRW zuschlagspflichtigen Zeiten erbringt. Einen solchen Anspruch hat er nicht unmittelbar aus dem MTV Metall NRW. Die Tätigkeit des Klägers als Betriebsratsmitglied lässt sich nicht unter den Begriff der „Arbeit“ i.S.d. MTV Metall NRW subsumieren. Arbeit ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (BAG, Urteil vom 23.04.2024 – 5 AZR 212/23). Freigestellte Betriebsratsmitglieder unterliegen dem Direktionsrecht des Arbeitgebers aber nicht mehr (BAG, Urteil vom 23.09.2014 – 9 AZR 1100/12). Sie erbringen im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Betriebsratstätigkeit daher keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung (BAG, Urteil vom 28.09.2016 – 7 AZR 248/14). Ihre Tätigkeit hängt in keiner Weise mit der eigentlichen durch den Arbeitsvertrag geschuldeten Leistung zusammen. Das schließt es aus, dass die Mitglieder des Betriebsrats auch nur einen geringen Teil ihrer Vergütung wegen oder aufgrund ihres Amtes. Aus diesem Grund wird die Frage, welche Bezüge für Zeiten der Betriebsratstätigkeit zu zahlen sind, nicht durch Auslegung tariflicher Vorschriften, sondern allein nach § 37 Abs. 2 BetrVG beantwortet. Denn wegen des Fehlens einer Tariföffnungsklausel in § 37 Abs. 2 BetrVG und wegen des Benachteiligungs- und Begünstigungsverbots des § 78 Satz 2 BetrVG können die Tarifvertragsparteien nicht regeln, ob bestimmte, im Tarifvertrag für den Fall der Arbeitsleistung vorgesehene Zahlungen des Arbeitgebers, Arbeitsentgelt im Sinne des § 37 Abs. 2 BetrVG sind und deshalb auch während der Arbeitsfreistellung eines Betriebsratsmitglieds zu erbringen. Weder der Begriff noch die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts i.S.d. § 37 Abs. 2 BetrVG stehen zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Maßgeblich ist nicht, ob der Kläger im Rahmen seines Betriebsratsamtes dieses zu Zeiten ausübt, zu denen nach dem MTV Metall NRW Zuschläge angefallen wären. Maßgeblich ist, ob er diese Zuschläge auch verdient hätte, wäre er nicht freigestellt gewesen. Da der Kläger vollständig freigestellt ist, wäre hierfür auf die Zeit vor Antritt des Betriebsratsamtes abzustellen. Diese Zuschläge werden durch die Beklagte aber zulässig in einer Pauschale zusammengefasst (vgl. BAG, Urteil vom 29.08.2018 – 7 AZR 206/17).
Praxishinweis:
Hier konnte der Kläger sich auch nicht auf einen Anspruch aus einer betrieblichen Übung stützen. Die zusätzlich von der Beklagten in der Vergangenheit gezahlten individuellen Zuschläge für Sonn- und Feiertagsschichten nach Maßgabe des MTV Metall NRW verstoßen gegen § 37 BetrVG. Aufgrund der dem Gesetz widersprechenden Handhabe in der Vergangenheit konnte keine betriebliche Übung für die Zukunft entstehen. Dem entspricht, dass eine betriebliche Übung nicht ausschließlich die Mitglieder des Betriebsrats begünstigen darf, weil hier ansonsten ein Verstoß gegen § 78 Satz 2 BetrVG vorläge, der zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führt (vgl. BAG, Urteil vom 17.11.2021 – 7 ABR 27/20).
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