Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich nicht begrenzt
LAG Mecklenburg-Vorpommern, 17.10.2017, 5 Sa 256/16
Nach dem LAG Baden-Württemberg und dem LAG Niedersachsen hat sich nun auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestellt und entschieden, dass das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich nicht begrenzt ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen in die geänderte Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts zum Vorbeschäftigungsverbot konnte noch nicht entstehen, da es sich nicht um eine langjährige, gefestigte Rechtsprechung handelt.
Originalentscheidung in JURION aufrufen:
LAG Mecklenburg-Vorpommern, 17.10.2017, 5 Sa 256/16
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung des Arbeitsvertrages. Der Kläger war im Anschluss an sein Studium zum Diplom-Physiker von September 1995 bis August 1998 bei dem Beklagten als Doktorand beschäftigt. Nach einer Unterbrechung von einem Jahr stellte ihn der Beklagte erneut ein und beschäftigte ihn rund viereinhalb Jahre bis zum Februar 2004 als wissenschaftlichen Mitarbeiter. Nachdem der Kläger etwa zehn Jahre bei anderen Arbeitgebern tätig war, schlossen die Parteien am 03.07./14.07.2014 einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren. Der Beklagte entschied sich für eine sachgrundlose Befristung, da die maximale Befristungsdauer nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz von 12 Jahren aufgrund der anzurechnenden Beschäftigungszeiten von insgesamt 11 Jahren in etwa ausgeschöpft war. Das Arbeitsgericht hat der Entfristungsklage stattgegeben, es hat sich insbesondere den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 11.06.2016 – 3 Sa 8/16) angeschlossen und auf diese verwiesen. Die Berufung des Beklagten hat vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls keinen Erfolg.
Entscheidungsanalyse:
Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 03.07./14.07.2014 ist unwirksam. Die sachgrundlose Befristung ist unzulässig, da der Kläger bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten gestanden hat. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern schließt sich den Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Niedersachsen (u.a. Urteil vom 20.07.2017 – 6 Sa 1125/16) und Baden-Württemberg (Urteil vom 26.09.2013 – 6 Sa 28/13) an, wonach das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zeitlich nicht begrenzt ist. Ein weiteres Landesarbeitsgericht hat sich damit gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestellt. Der 7. Senat hatte u.a. mit Urteil vom 21.09.2011 – 7 AZR 35/11 – entscheiden, dass das Vorbeschäftigungsverbot keine Anwendung findet, wenn seit Ende der Vorbeschäftigung drei Jahre verstrichen sind. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern ist – wie die anderen Landesarbeitsgerichte zuvor – ebenfalls der Auffassung, dass sowohl Wortlaut als auch Gesetzesgeschichte und Gesetzeszweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG klar dafür sprechen, dass eine Zuvorbeschäftigung zeitlich nicht beschränkt ist. Das Gericht ist auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes an die (geänderte) Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebunden. Der Beklagte konnte die geänderte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur zeitlichen Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots auf drei Jahre bei Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger nicht als gefestigt betrachten. Zwar waren ihr bereits einige Landesarbeitsgerichte gefolgt, andere Landesarbeitsgerichte hatten sich ihr jedoch ausdrücklich entgegengestellt. In der Fachliteratur ist die Rechtsprechungsänderung auf ein sehr geteiltes Echo gestoßen. Es gab weder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger eine langjährige und gesicherte Rechtsprechung noch gibt es diese zum jetzigen Zeitpunkt. Es liegen keine Umstände vor, die ein Vertrauen des Beklagten hätte begründen können.
Praxishinweis:
Soweit bei Arbeitgebern mit vielen Beschäftigten und zahlreichen Betrieben oder Dienststellen die Gefahr besteht, dass eine lange zurückliegende Vorbeschäftigung in Vergessenheit geraten ist, obliegt es dem Arbeitgeber, sich bei Abschluss eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages hierüber Gewissheit zu verschaffen. Ein Bedürfnis für eine zeitliche Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots lässt sich daraus nicht herleiten.
Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 17.10.2017, Az.: 5 Sa 256/16