Verbot von lackierten Fingernägeln im Altenheim
Verbot von lackierten Fingernägeln und Gelnägeln im Altenheim
Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht umfasst auch sonstige Maßnahmen, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängen. Greift der Arbeitgeber zu solchen sonstigen Maßnahmen, muss er die Grenzen billigen Ermessens wahren, indem er die wesentlichen Umstände des Falls abwägt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt. Eine sonstige Maßnahme im vorgenannten Sinne kann z.B. eine Dienstanweisung zur Gestaltung der Fingernägel bei Helferinnen und Helfern im Sozialen Dienst während der Arbeitszeit sein.
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer aufrufen:
ArbG Aachen, 21.02.2019, 1 Ca 1909/18
Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht umfasst auch sonstige Maßnahmen, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängen. Greift der Arbeitgeber zu solchen sonstigen Maßnahmen, muss er die Grenzen billigen Ermessens wahren, indem er die wesentlichen Umstände des Falls abwägt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt. Eine sonstige Maßnahme im vorgenannten Sinne kann z.B. eine Dienstanweisung zur Gestaltung der Fingernägel bei Helferinnen und Helfern im Sozialen Dienst während der Arbeitszeit sein.
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
ArbG Aachen, 21.02.2019, 1 Ca 1909/18
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Dienstanweisung. Die Klägerin ist bei der Beklagten, die Trägerin eines Altenheimes ist, seit 2009 als Helferin im sozialen Dienst beschäftigt. Die Helferinnen und Helfer im sozialen Dienst stehen in direktem Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern des Altenheims und kümmern sich um deren Unterhaltung und Beschäftigung. Unter anderem wird einmal wöchentlich gemeinsam Kuchen für einen Wohnbereich gebacken, gelegentlich wird gegrillt, was etwa die Zubereitung von Salaten beinhaltet. Am 19. Februar 2018 wurde eine Dienstanweisung vom 31.012018 am allgemein zugänglichen Infoboard ausgehängt, an dem auch die Dienstpläne ausgehängt werden. Mit dieser wurde die bei der Beklagten geltende Dienstanweisung zum Thema „Fingernägel in der Pflege sowie in der Hauswirtschaft“ mit sofortiger Wirkung auch auf die Mitarbeiterinnen des Sozialen Dienstes und die Mitarbeiterinnen des Betreuungsdienstes ausgedehnt. Diese Dienstanweisung zum Thema Fingernägel sieht vor, dass aus hygienischen Gründen das Tragen langer Fingernägel, lackierter Fingernägel, künstlicher Fingernägel und von Gelnägeln während der Arbeitszeit untersagt ist. Die Klägerin trug jedenfalls seit dem Jahr 2017 Gelnägel. Mit Schreiben vom 21.03.2018 wurde sie ermahnt, weil sie diese nicht entfernt hatte. Nunmehr leistet sie der Dienstanweisung zwar Folge. Sie wendet sich jedoch mit ihrer Klage gegen die Wirksamkeit dieser Dienstanweisung. Das Arbeitsgericht Aachen hat die Feststellungsklage der Klägerin abgewiesen.
Entscheidungsanalyse:
Die Klägerin ist verpflichtet, die Dienstanweisung zum Thema „Fingernägel in der Pflege sowie in der Hauswirtschaft“ zu befolgen und mithin aus hygienischen Gründen das Tragen langer Fingernägel, lackierter Fingernägel, künstlicher Fingernägel und von Gelnägeln zu unterlassen. Die zugrunde liegende Dienstanweisung der Beklagten vom 31.01.2018, mit der diese Dienstanweisung auch auf die Klägerin als Mitarbeiterin im Sozialen Dienst ausgeweitet wurde, ist rechtmäßig. Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht umfasst auch sonstige Maßnahmen, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängen. Als derartige Tätigkeit kann zum Beispiel das vorherige Anlegen einer arbeitgeberseitig vorgeschriebenen Dienstkleidung oder das Unterlassen des Tragens bestimmter privater Kleidungsstücke anzusehen sein (BAG, Urteil vom 02.11.2016 – 10 AZR 596/15). Auch die vorliegend streitige Anweisung, nur mit natürlichen und kurz geschnittenen Fingernägeln zu arbeiten, hängt mit der Erbringung der Arbeitsleistung zusammen und betrifft das Erscheinungsbild, das die Klägerin als Arbeitnehmerin bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu wahren hat. Die Beklagte hat hier auch das ihr zustehende Weisungsrecht rechtswirksam ausgeübt, so das Arbeitsgericht Aachen. Insbesondere hat sie die Grenzen billigen Ermessens gewahrt, § 106 S. 2 GewO, § 315 Abs. 3 BGB. Zwar ist das Persönlichkeitsrecht der Klägerin einschränkt, denn dies umfasst das Recht, über die Gestaltung der äußeren Erscheinung auch im Dienst eigenverantwortlich zu bestimmen. Demgegenüber hat die Beklagte ein besonderes Interesse daran, die Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden der ihr anvertrauten Bewohnerinnen und Bewohner bestmöglich zu schützen. Die Beklagte hat sich bei der Abwägung dieser widerstreitenden Interessen auf die Angaben und Empfehlungen im Gesundheitsblatt und vom Robert Koch Institut berufen. Die hier aufgeführten Aussagen und Empfehlungen sind eindeutig und unmissverständlich. Aus Hygienegesichtspunkten wird hier deutlich empfohlen, ausschließlich natürliche und kurz geschnittene Fingernägel zu tragen.
Praxishinweis:
Die Klägerin hatte vorgetragen, sie habe mit der direkten Pflege der Senioren nichts zu tun – sie würde nur betreuen, selten Essen zubereiten und austeilen. Das Arbeitsgericht hat aber betont, dass Fingernägel ein „Infektionsfeld“ sind, weil sich unter langen oder auch auf lackierten Fingernägeln Bakterien festsetzen. Selbst wenn die Klägerin nicht unmittelbar mit Lebensmitteln in Berührung kommt, ist sie als Betreuerin im täglichen Kontakt und Umgang mit den Bewohnern. Deshalb sei die Dienstanweisung des Arbeitgebers angemessen und er sei berechtigt, einheitliche Standards für alle zu erlassen.
Urteil des ArbG Aachen vom 21.02.2019, Az.: 1 Ca 1909/18
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