Schadensersatzanspruch des Wohnungseigentümers
Schadensersatzanspruch des Wohnungseigentümers in der Wohngebäudeversicherung
Ein Wohnungseigentümer kann gegenüber dem Wohngebäudeversicherer wegen pflichtwidrig verzögerter Regulierung eines Leitungswasserschadens Schadensersatz in Gestalt entgangener Mieteinnahmen verlangen. Den Wohnungseigentümer kann im Einzelfall nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB die Obliegenheit treffen, die sein Sondereigentum betreffenden Schäden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen, um die Wohnung mit zumutbarem Aufwand wieder in einen vermietbaren Zustand zu versetzen. Bei Verletzung dieser Obliegenheit ist der zu ersetzende Mietausfallschaden zeitlich zu begrenzen.
Originalentscheidungen auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
OLG Nürnberg, 10.05.2021, 8 U 3174/20
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung. Der Kläger ist Miteigentümer einer im Objekt R. in N. gelegenen Wohnung. Für das Anwesen besteht seit dem Jahre 2001 eine Wohngebäudeversicherung bei der Beklagten. Versicherungsnehmerin ist die Fa. X. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten (VGB 88) sowie verschiedene Zusatzklauseln und -bedingungen zugrunde. Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Wasserschaden, der sich im Dezember 2009 in der Wohnung des Klägers ereignet hat. Diesbezüglich ist der Kläger ermächtigt worden, Ersatz für seine Wohnung betreffende Schäden am Gemeinschaftseigentum gegenüber der Beklagten gerichtlich geltend zu machen und einzuziehen. Die Beklagte hat vorgerichtlich 8.397,28 Euro an den Kläger erstattet. Mit – insoweit rechtskräftigem – Grund- und Teilurteil vom 12.01.2017 hat das LG die auf bedingungsgemäßen Ersatz der Reparaturkosten aus dem Wasserschaden gerichtete Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Kläger darüber hinaus einen Mietausfallschaden von 13.231,80 Euro zugesprochen. Soweit das LG die Klage auf Erstattung weiteren Mietausfalls abgewiesen hat, ist diese Entscheidung mit rechtskräftigem Endurteil des erkennenden Senats vom 06.05.2019 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen worden. Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme mit Schlussurteil vom 13.08.2020 in Höhe von weiteren 34.965,11 Euro stattgegeben, die Ersatzpflicht der Beklagten im Hinblick auf steuerliche Mehrbelastungen aus der Erstattung des Mietausfallschadens festgestellt und dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837,52 Euro zugesprochen. Ein über Januar 2014 hinausgehender Schadensersatz scheitere am Mitverschulden des Klägers. Nach Abschluss der gerichtlichen Beweissicherung im Oktober 2013 habe der Kläger intensivere Bemühungen um eine Sanierung und deren Finanzierung entfalten müssen. Mit seiner Berufung begehrt der Kläger die Erstattung weiteren Mietausfalls.
Entscheidungsanalyse:
Der 8. Zivilsenat des OLG Nürnberg hat entschieden, dass der auf Erstattung der Mietausfallkosten gerichtete Schadensersatzanspruch hier auf den Zeitraum bis einschließlich Januar 2014 zu begrenzen ist. Zur Begründung weist der Senat zunächst darauf hin, dass der Anspruch des Klägers auf Ersatz des durch den Wasserschaden (Versicherungsfall) verursachten Mietausfalls auf §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB gestützt werden kann. Es handele sich um einen „Verzögerungsschaden“, weil sich die Beklagte trotz objektiv bestehender Leistungspflicht und Fälligkeit (§ 14 Abs. 1 VVG) vertragswidrig geweigert habe, die Kosten für den Austausch des Estrichs zu erstatten. Aus Sicht des Senats bestehen keine Bedenken, in einer solchen Konstellation grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers bzw. der versicherten Person anzunehmen. Nach Auffassung des Senats hat der Klägers jedoch gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, weil es ihm möglich und zumutbar gewesen sei, die Wohnung nach Abschluss der gerichtlichen Beweissicherung in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen und die hierfür erforderlichen Kosten vorzufinanzieren. Der Senat erläutert, dass es grundsätzlich Sache des Schädigers ist, die Schadensbeseitigung zu finanzieren. Nach Worten des OLG kann zwar eine Pflicht des Geschädigten, zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen, nur unter besonderen Umständen angenommen werden. Hiervon seien im Einzelfall jedoch Ausnahmen möglich, und ein solcher Ausnahmefall liege hier vor. Dies begründet der Senat zunächst damit, dass der Mietausfall dem Grunde nach nicht auf einer der Beklagten vorwerfbaren Handlung beruht. Aus Sicht des Senats oblag es dem Geschädigten außerdem, einen monatlich fortschreitenden entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) möglichst nicht weiter auflaufen zu lassen. Mit erheblichem Fortschritt eines sich kontinuierlich aufbauenden Ausfallschadens hatte der Kläger nach Ansicht des OLG eigene Anstrengungen zu entfalten, um die Wohnung wieder in einen vermietbaren Zustand zu versetzen. Der Senat stellt außerdem klar, dass nicht der Kläger, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten für die Beseitigung der Schäden am Gemeinschaftseigentum, insbesondere am Estrich, hätte vorstrecken müssen. Zudem habe der Finanzierungsaufwand des Klägers ganz erheblich unter den Mietausfallkosten gelegen. Daher sei der Kläger beim Fehlen eigener Mittel gehalten gewesen, einen Kredit für die Kosten der Schadensbeseitigung aufzunehmen. Das OLG ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Praxishinweis:
Nach Auffassung des OLG Nürnberg trifft den Versicherungsnehmer in der genannten Fallkonstellation eine sekundären Darlegungslast, vorzutragen, dass und warum ihm die Vorfinanzierung der Sanierungskosten, sofern sie ihn treffen, weder möglich noch zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.11.2005, IV ZR 120/04). Das OLG erläutert, dass der Geschädigte nicht sehenden Auges den längeren Ausfall der Nutzbarkeit einer in seinem Eigentum stehenden Sache in Kauf nehmen darf.
Wenn Sie Fragen zum Thema Schadensersatzanspruch des Wohnungseigentümers in der Wohngebäudeversicherung haben, dann nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf.