Rückzahlung gezahlter Versicherungsprämien
Rückzahlung gezahlter Versicherungsprämien wegen unrichtiger Widerrufsbelehrung
Eine in den Verbraucherinformationen enthaltene (falsche) Belehrung ist nicht deshalb unerheblich, weil sich im Policenbegleitschreiben eine zutreffende Frist findet. Ein Policenbegleitschreiben vermag die zeitlich gleichzeitig erteilte falsche Widerrufsbelehrung in den Verbraucherinformationen nicht zu korrigieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Verbraucher sich nur an einer Stelle der Vertragsunterlagen über sein Widerrufsrecht informiert.
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LG Frankfurt am Main, 09.11.2018, 23 O 390/17
Hinweis: Im Einzelfall kann eine Veröffentlichung einige Tage später erfolgen, da die Entscheidung zunächst amtlich veröffentlicht und entsprechend aufbereitet werden muss.
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von fünf Lebensversicherungsverträgen nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. Der Kläger beantragte am 30.11.2004 bei der Beklagten fünf identische Lebensversicherungsverträge. Auf dem Antragsformular findet sich unter Punkt 18 direkt über der Unterschriftenzeile eine Widerrufsbelehrung. Die dem Kläger zusammen mit dem Policenbegleitschreiben übersandten Verbraucherinformation enthält auf S. 6 eine weitere Widerrufsbelehrung. Mit Schreiben vom 29.06.2016 widersprach der Kläger den Versicherungsverträgen. Mit Schreiben anwaltlichen Schreiben vom 16.11.2016 erklärte der Kläger erneut den Widerspruch zum Vertrag und forderte die Beklagte auf, 9.310,82 Euro je Vertrag zu zahlen.
Entscheidungsanalyse:
Das LG Frankfurt am Main hat geurteilt, dass der Kläger von der beklagten Versicherungsgesellschaft nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Versicherungsprämien beanspruchen kann, weil er diese ohne Rechtsgrund geleistet hat. Nach Überzeugung der zuständigen Kammer stellen die streitgegenständlichen Versicherungsverträge keinen Rechtsgrund zum Behalten der von dem Kläger gezahlten Versicherungsprämien dar, da der Kläger den Versicherungsverträgen aus dem Jahr 2004 noch im Jahr 2016 widersprechen konnte. Die zwischen den Parteien geschlossenen Lebensversicherungsverträge seien durch den vom Kläger mit Schreiben vom 29.06.2016 erklärten Widerspruch unwirksam geworden. Die Kammer betont, dass die Beklagte den Kläger nicht richtig über sein Widerrufsrecht aus § 5a VVG a.F. belehrt hat. Aus Sicht der Kammer hat die Beklagte dem Kläger zeitgleich mit der Belehrung im Policenbegleitschreiben in den Verbraucherinformationen eine Widerrufsbelehrung erteilt, die den gesetzlichen Vorgaben im Zeitpunkt der Übersendung (17.12.2004) nicht (mehr) entsprach. Hierin werde auf ein 14-tägiges Widerrufsrecht verwiesen, wobei nach § 5a VVG (2004) bereits eine 30-tägige Frist gegolten habe. Das LG stellt klar, dass die in den Verbraucherinformationen enthaltene (falsche) Belehrung auch nicht deshalb unerheblich war, weil sich im Policenbegleitschreiben eine zutreffende Frist findet. Das Policenbegleitschreiben kann nach Ansicht des LG die falsche Belehrung in den Verbraucherinformationen nicht korrigieren. Denn es sei nicht unwahrscheinlich, dass der Verbraucher sich nur an einer Stellte der Vertragsunterlagen über sein Widerrufsrecht informiert. Das LG ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte wegen der Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages dem Kläger nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB und unter Berücksichtigung der Saldotheorie zur Zahlung von 46.554,10 Euro verpflichtet ist.
Praxishinweis:
Nach Auffassung des LG Frankfurt am Main kommt es außerdem darauf, ob eine der Widerrufsbelehrungen in Fettdruck gehalten war oder nicht, nicht an (ähnlich BGH, Urteil vom 21.06.2017 – IV ZR 176/15). Aus Sicht des LG kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine der beiden Widerrufsbelehrungen deshalb mehr Gewicht hat, weil sie in Fettdruck gehalten ist. Nach Worten des LG war im konkreten Fall außerdem nicht von Bedeutung, dass der Kläger seinen Widerruf auch nicht innerhalb der 30-tägigen-Frist erklärt hat. Eine Kausalität des Fehlers für die (Nicht-)Ausübung des Widerrufsrechts ist kein Kriterium für die Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung, die allein an § 5a VVG in der jeweiligen Fassung zu messen ist.
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