Leistungsfreiheit des Hausratversicherers
Leistungsfreiheit des Hausratversicherers wegen versuchter arglistiger Täuschung
OLG Düsseldorf, 06.02.2018, 4 U 164/15
Der Hausratsversicherer ist wegen versuchter arglistiger Täuschung des Versicherungsnehmers gemäß § 30 VGH in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG leistungsfrei, wenn feststeht, dass dieser zum Nachweis des Schadens bei einem Einbruchsdiebstahl Quittungen eingereicht hat, von denen er wusste, dass diese verändert worden waren. Das gilt auch dann, wenn er die Quittungen nicht selbst verfälscht hat. Das Einreichen einer verfälschten Quittung erfüllt gleichermaßen den Straftatbestand des § 267 StGB und führt auch dann, wenn tatsächlich entsprechende Beträge gezahlt worden sein sollten, regelmäßig zur Leistungsfreiheit des Versicherers.
OLG Düsseldorf, 06.02.2018, 4 U 164/15
Sachverhalt:
Der Kläger begehrt nach einem angeblichen Einbruchsdiebstahl Leistungen aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Hausratversicherung. Zum 01.06.2006 schloss der Kläger mit der Beklagten für eine in der T. Straße in K. gelegene Wohnung einen Hausratversicherungsvertrag, dem nach einer Umstellung im Jahre 2010 die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen in der Fassung 2009 zugrunde liegen. Am 02.10.2010 gegen 0.40 Uhr meldete der Kläger bei der Polizei einen Einbruchdiebstahl. Am 04.10.2010 meldete der Kläger der Beklagten den angeblichen Einbruch sowie den dabei angeblich entstandenen Schaden. Es wurden entsprechende Originalbelege bei der Beklagten eingereicht. Der Kläger übersandte der Beklagten weiter ein auf den 07.10. datierendes, ausgefülltes Schadenanzeigeformular, dem eine handschriftliche Liste der zerstörten bzw. entwendeten Gegenstände beigefügt war. Die handschriftliche Liste der zerstörten bzw. entwendeten Gegenstände soll nach der Einlassung der Ehefrau des Klägers im Ermittlungsverfahren ein namentlich nicht bezeichneter männlicher Bekannter des Klägers erstellt haben; nach dem Vorbringen im Schriftsatz vom 16.11.2012 wurde sie im Beisein des Ehemannes von einer Bekannten, der Zeugin R. P., ausgefüllt. Mit Schreiben vom 13.10.2010 erteilte die Beklagte dem Kläger einen Hinweis gemäß § 28 Abs. 4 VVG. Am 20.10.2010 reichte der Kläger Belegkopien über die angeblich entwendeten Gegenstände ein, so insbesondere einen auf den 12. August 2009 sowie einen auf den 11.07.2009 datierenden, jeweils in italienischer Sprache verfassten Beleg über den Erwerb von Goldschmuck zum Preis von 2.330,00 Euro bzw. zum Preis von 1.790,00 Euro. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.08.2011 übersandte der Kläger der Beklagten die Rechnungsbelege im Original. Die Belege sind verändert worden. Auf dem Beleg vom 11.07.2009 ist ein dritter Gegenstand („collana uomo“) und der Preis von „1.060,00“ hinzugefügt worden und die Gesamtsumme durch Addition dieses Betrags von 730 Euro auf 1.790 Euro verändert worden. Auf dem Beleg vom 12.08.2009 ist dem Betrag von 330,00 Euro eine „2“ vorangestellt worden und damit der Preis auf 2.330,00 Euro erhöht worden. Mit Schreiben vom 22.09.2011 schickte die Beklagte die Originalbelege an den Kläger zurück und lehnte die Regulierung des geltend gemachten Schadens ab. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei gemäß § 30 VHB in Verbindung mit § 28 Abs. 3 S. 2 VVG wegen arglistiger Täuschung durch den Kläger als Versicherungsnehmer leistungsfrei geworden. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
Entscheidungsanalyse:
Der 4. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat geurteilt, dass dem Kläger aus dem Versicherungsvertrag keine Leistungen zustehen, da die Beklagte wegen einer versuchten arglistigen Täuschung gem. § 30 VGH i.V.m. § 28 Abs. 3 S. 2 VVG leistungsfrei ist. Nach Auffassung des Senats steht hier bereits aufgrund des eigenen Vorbringens des Klägers fest, dass er versucht hat, die Beklagte arglistig zu täuschen. Dabei könne offenbleiben, ob er selbst die Veränderungen auf den beiden Quittungen vorgenommen habe. Aus Sicht des OLG wusste er jedenfalls, dass sie verändert waren und damit verfälscht i.S.v. § 267 StGB. Er habe dennoch diese verfälschten Urkunden gebraucht, indem er sie der Beklagten vorgelegt habe, und damit eine Urkundenfälschung begangen, weil er durch die Vorlage bei der Beklagten die Auszahlung tatsächlich nicht quittierter Beträge erreichen wollte. Das Wissen des Klägers ergebe sich daraus, dass die Stehlgutliste in seiner Anwesenheit gefertigt worden und auch von ihm unterschrieben worden sei. Der Senat stellt klar, dass das Einreichen einer verfälschten Quittung den Straftatbestand des § 267 StGB erfüllt und auch dann, wenn tatsächlich entsprechende Beträge gezahlt worden sein sollten, regelmäßig zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt. Es reiche aus, dass die falsche Angabe einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolge, ohne dass dabei Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers vorausgesetzt werde. Es genüge vielmehr das Bestreben, Schwierigkeiten bei der Durchsetzung – auch berechtigter – Deckungsansprüche zu beseitigen. Nach Überzeugung des Senats liegt eine arglistige Täuschung über eine Tatsache, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung ist, insbesondere dann vor, wenn nachträglich veränderte Belege eingereicht werden und zwar auch dann, wenn über einen im Vergleich zur Gesamtsumme nur relativ geringen Betrag getäuscht werden soll. Im konkreten Fall habe der Kläger verfälschte Quittungen eingereicht, die – bei einer Gesamtschadenssumme von 44.059,05 Euro – die begehrte Entschädigung um 3.060 Euro erhöht hätten. Es stehe bereits aufgrund seines eigenen Vortrags fest, dass er wusste, dass die Quittungen verfälscht waren. Er habe sie in diesem Bewusstsein dennoch der Beklagten vorgelegt, um auf diese Weise eine Versicherungsleistung zu erhalten. Das genügt nach Ansicht des OLG für die Leistungsfreiheit aufgrund arglistiger Täuschung. Die Berufung des Klägers habe daher im Ergebnis keinen Erfolg.
Praxishinweis:
Nach der hier vom OLG Düsseldorf vertretenen Auffassung handelt der Versicherungsnehmer bereits dann arglistig, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Urteil vom 02.10.1985 – IVa ZR 18/84). Das ist nach Auffassung des OLG bei der Vorlage verfälschter Quittungen ohne Zweifel der Fall.
Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.02.2018, Az.: 4 U 164/15