Anspruchs auf Rückzahlung von Krankentagegeldleistungen
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rückzahlung von Krankentagegeldleistungen
Der Eintritt in die Freistellungsphase einer in Blöcken wahrgenommenen Altersteilzeit führt nicht zum Wegfall der Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung. Krankentagegeld, das der Versicherer in der Freistellungsphase geleistet hat, muss der Versicherungsnehmer nicht nach § 15 Buchst. a i.V.m. § 11 Satz 2 MB/KT zurückgewähren.
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BGH, 27.11.2019, IV ZR 314/17
Sachverhalt:
Der Kläger, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, nimmt den beklagten Versicherungsnehmer auf Rückzahlung von Krankentagegeldleistungen in Anspruch. Der Beklagte unterhält seit 1985 bei dem Kläger eine Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif TA 6, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen MB/KT in der Fassung von 1984 zugrunde liegen (MB/KT). Ziffer 1 des vereinbarten Tarifs lautet auszugsweise: „Nach den Tarifen TA 6 … sind versicherungsfähig die Angestellten, die als Gehaltsempfänger in einem festen Arbeitsverhältnis stehen und lohnsteuerpflichtig sind. Dabei darf die Karenzzeit des gewählten Tarifs nicht kürzer sein als die Dauer des Anspruchs auf Fortzahlung des Gehalts.“ Der Beklagte, der als Versicherungsvermittler angestellt war und zugleich eine Privatagentur unterhielt, trat am 01.07.2012 in die passive Phase der Altersteilzeit ein. Sein Arbeitsverhältnis wurde am 09.08.2013 fristlos gekündigt. Ab dem 13.08.2013 war er arbeitsunfähig erkrankt. Am 09.05.2014 schloss er einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht, wonach die fristlose Kündigung gegenstandslos war, die passive Altersteilzeit vom 01.07.2012 bis 31.01.2015 andauerte und die Privatagentur mit Wirkung zum 09.08.2013 geendet hatte. Der Kläger zahlte dem Beklagten für die Zeit vom 02.11.2013 bis zum 12.11.2014 Krankentagegeld in Höhe von 21.710 Euro. Davon entfielen 14.362 Euro auf dessen nichtselbständige Tätigkeit und 7.348 Euro auf die selbständige Tätigkeit. Nachdem dem Kläger der Vergleich und der Zeitraum der passiven Altersteilzeit bekannt geworden waren, forderte er diese Zahlungen – erfolglos – zurück. Die auf Zahlung von 21.710 Euro gerichtete Klage hat vor dem Landgericht lediglich hinsichtlich des auf die nichtselbständige Tätigkeit entfallenden Betrages Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsanalyse:
Der 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat geurteilt, dass dem Kläger kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 15 Buchst. a i.V.m. § 11 Satz 2 MB/KT zusteht. Nach Überzeugung des Senats führt der Eintritt in die Freistellungsphase einer in Blöcken wahrgenommenen Altersteilzeit nicht zum Wegfall der Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung. Krankentagegeld, das der Versicherer in der Freistellungsphase geleistet hat, müsse der Versicherungsnehmer nicht nach § 15 Buchst. a i.V.m. § 11 Satz 2 MB/KT zurückgewähren. Dies ergebe die Auslegung der maßgeblichen Bedingungen. Ein Rückzahlungsanspruch besteht nach § 11 Satz 2 MB/KT hinsichtlich der für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Leistungen. Gemäß § 15 Buchst. a MB/KT endet das Versicherungsverhältnis bei Wegfall „einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit“. Nach Worten des Senats wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer nämlich annehmen, dass ein Arbeitnehmer versicherungsfähig bleibt, wenn er im Rahmen einer im Blockmodell wahrgenommenen Altersteilzeit von der Arbeits- in die Freistellungsphase wechselt. Das Arbeitsverhältnis bestehe während der Freistellungsphase fort. Es ende erst zum vereinbarten Endtermin und nicht bereits mit dem Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase. Der BGH erläutert, dass eine abweichende Beurteilung auch nicht nach dem dem Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung geboten ist. Zur Begründung verweist der Senat auf die regelmäßige Ausgestaltung der Krankentagegeldversicherung als Summenversicherung. Aus Sicht des Senats kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkennen, dass sich der versprochene Versicherungsschutz nicht unmittelbar an seinem tatsächlichen Einkommensverlust orientiert, er vielmehr im Versicherungsfall eine im Voraus bestimmte, pauschalierte Entschädigung für jeden Tag bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit ohne Rücksicht darauf erhält, welchen Verdienstausfall er tatsächlich erlitten hat. Bezogen auf den konkreten Fall stellt der BGH klar, dass das Versicherungsverhältnis der Parteien nicht gemäß § 15 Buchst. a MB/KT mit dem Eintritt des Beklagten in die Freistellungsphase endete. Da sich ein Rückzahlungsanspruch des Klägers auch nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ergebe, habe die Revision des Klägers keinen Erfolg.
Praxishinweis:
Nach Auffassung des BGH wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer aus der Ausgestaltung des Versicherungsschutzes schließen, dass zwar nicht jede Anknüpfung an einen durch Arbeitsunfähigkeit eintretenden Verdienstausfall fehlen darf, dass aber der Versicherungsschutz nicht entfällt, wenn im Einzelfall aufgrund besonderer arbeits- oder sozialrechtlicher Regelungen trotz Arbeitsunfähigkeit kein Verdienstausfall droht. So liegt es während der Freistellungsphase einer in Blöcken wahrgenommenen Altersteilzeit. Aus Sicht des BGH ist daher auch die Freistellungsphase in einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis Teil der auf die Erzielung von Arbeitsverdienst gerichteten Erwerbstätigkeit des Versicherten, auf die sich der in § 1 Abs. 1 MB/KT versprochene Schutz gegen krankheitsbedingten Verdienstausfall bezieht.
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