Voraussetzungen einer Haftung eines Versicherungsmaklers
Voraussetzungen einer Haftung eines Versicherungsmaklers bei einem Wechsel des Versicherungsnehmers
Ein Versicherungsmakler ist bei einem Wechsel des Versicherungsnehmers (Hausratversicherung) ohne konkreten Anlass im Rahmen seiner allgemeinen Pflicht zur Prüfung und Informationsbeschaffung nicht gehalten, von sich aus eine etwaige Privatinsolvenz des ausscheidenden Versicherungsnehmers zu prüfen.
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OLG Hamm, 01.12.2022, 6 U 167/21
Sachverhalt:
Die Klägerin macht Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche gegen die beklagte Versicherungsmaklerin aufgrund eines Maklervertrages geltend. Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge A, unterhielt seit dem Jahr 2006 bei der B-C Versicherung AG (heute: B Versicherung AG; B) eine sog. Allgefahrenversicherung für das Objekt … Straße. Der Versicherungsvertrag zwischen dem Zeugen A und der B kam unter Vermittlung der Beklagten als selbständige Versicherungsmaklerin zustande, welche die Versicherung auch namens der B policierte. Der Zeuge A stellte im November 2008 selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Im Januar 2009 fand ein Gespräch zwischen dem Zeugen A und einem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen I, statt. In Folge dieses Gesprächs teilten Mitarbeiter der Beklagten der B mit, dass der zwischen der B und dem Zeugen A geschlossene Versicherungsvertrag zum 01.01.2009 auf die Klägerin umgeschrieben werden solle. Als Versicherungsnehmerin wurde nunmehr sowohl bei der Beklagten als auch bei der B die Klägerin geführt, die auch auf sie lautende Prämienrechnungen für die Zeit ab dem 01.04.2009 erhielt. Die Klägerin zahlte sodann in der Zeit vom 01.04.2009 bis 31.03.2013 Prämien in Höhe von insgesamt 56.566,96 Euro. Die Prämien für den Zeitraum ab 01.04.2013 zahlte sie jedoch nicht mehr. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe nicht dartun können, dass die Beklagte es entgegen ihrer Beratungs- und Betreuungspflichten aus dem zwischen den Parteien unstreitig bestehenden Maklervertrag schuldhaft verabsäumt habe, für einen wirksamen Versicherungsnehmerwechsel in die bei der B bestehenden Allgefahrenversicherung Sorge zu tragen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.
Entscheidungsanalyse:
Der 6. Zivilsenat des OLG hat entschieden, dass die Klägerin von der beklagten Versicherungsmaklerin Zahlung weder in Bezug auf die im Zusammenhang mit einem Verfahren vor dem LG Siegen entstanden gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten noch in Bezug auf die an die B für den Zeitraum 04/2009 – 03/2013 geleisteten Versicherungsprämien verlangen kann. Zur Begründung weist der Senat zunächst darauf hin, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch hier daran scheitert, dass die Kosten in Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem LG auf dem eigenen Willensentschluss der Klägerin beruhen und keinen durch eine Pflichtverletzung der Beklagten zurechenbar verursachten, ersatzfähigen Schaden darstellen. Aus Sicht des Senats kann die Klägerin darüber hinaus nicht Rückzahlung der für den Zeitraum 04/2009 – 03/2013 geleisteten Versicherungsprämien von der Beklagten beanspruchen. Denn es lasse sich nicht feststellen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus dem Maklervertrag verletzt habe. Nach Worten des OLG besteht eine Pflichtverletzung nicht schon allein darin, dass der gewünschte Versicherungsnehmerwechsel nicht wirksam erfolgt, also ein Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der B tatsächlich nicht zustande gekommen ist. Denn der Versicherungsmakler übernehme Versicherungsmakler keine Art Garantiehaftung für den tatsächlichen Abschluss eines konkreten Versicherungsvertrages. Ihn treffe vielmehr (nur) die Pflicht, alles Gebotene zur Beschaffung des begehrten Versicherungsschutzes im Rahmen seiner umfassenden Beratungs- und Betreuungspflichten zu veranlassen. Nach Überzeugung des Senats war die Beklagte auch nicht im Rahmen ihrer allgemeinen Pflicht zur Prüfung und Informationsbeschaffung gehalten, von sich aus eine etwaige Privatinsolvenz des Zeugen A zu prüfen. Der Senat betont, dass die Pflichten des vom Versicherungsnehmer beauftragten Versicherungsmaklers zwar weit gehen. Eine anlasslose Prüfung jeglicher abstrakt in Betracht kommender Veränderungen sei jedoch nicht geschuldet. Nach Auffassung des Senats war im konkreten Fall ein Anlass zur Überprüfung einer Privatinsolvenz des Zeugen A weder dargetan noch sonst ersichtlich. Allein der Umstand, dass ein Wechsel des Versicherungsnehmers gewünscht war, stellt nach Ansicht des Senats für sich keinen Anlass dar, nach einer Privatinsolvenz des ursprünglichen Versicherungsnehmers zu fragen. Nach Worten des Senats kann die Klägerin die Rückzahlung geleisteter Prämien auch nicht als Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, zumal insofern Verjährung eingetreten sei. Die Berufung der Klägerin habe daher keinen Erfolg.
Praxishinweis:
Das OLG Hamm macht in dieser Entscheidung auch deutlich, dass der Versicherungsmakler zur Erteilung von Hinweisen für die risikogerechte Anpassung des vermittelten Versicherungsvertrags verpflichtet ist. Im Rahmen der laufenden Betreuung des Versicherungsverhältnisses hat der Versicherungsmakler daher das versicherte Risiko zu überwachen, bei Risikoveränderungen den Versicherungsnehmer hierauf ungefragt hinzuweisen und auf eine Anpassung hinzuwirken. Etwaigen Veränderungen des versicherten Risikos muss der Makler durch entsprechende Beratung Rechnung tragen (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2016 – I ZR 147/14). Das OLG weist hierbei auch darauf hin, dass sich diese jedoch nur auf solche Veränderungen bezieht, die der Versicherungsmakler kennt bzw. kennen muss. Die vorliegende Entscheidung ist rechtskräftig, da die Berufung zurückgenommen worden ist.
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