Recht eines Versicherungsnehmers auf Auskunft über seine Daten
Recht eines Versicherungsnehmers auf Auskunft über seine personenbezogenen Daten gegen die Versicherung
Ein Auskunftsanspruch eines Versicherungsnehmers gegen seine Versicherung ist grundsätzlich dann erfüllt, wenn die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen. Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist die gegebenenfalls konkludente Erklärung des Auskunftsschuldners, dass die Auskunft vollständig ist.
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BGH, 15.06.2021, VI ZR 576/19
Sachverhalt:
Der Kläger macht gegen den beklagten Versicherer Ansprüche auf Datenauskunft geltend. Der Kläger schloss mit Wirkung zum 01.07.1997 mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Mit Schreiben vom 10.01.2016 widersprach der Kläger dem Zustandekommen des Vertrags. Eine weitere Rechtsvorgängerin der Beklagten, die P. Lebensversicherungs-AG, wies den Widerspruch zurück. Mit Schreiben vom 05.04.2016 übersandte die P. Lebensversicherungs-AG dem Kläger auf dessen Aufforderung hin eine „Datenübersicht nach § 34 BDSG“. Im Laufe des Rechtsstreits erteilte die Beklagte weitere schriftliche Auskünfte zu den bei ihr verarbeiteten personenbezogenen Daten des Klägers. Der Kläger ist der Ansicht, dass die erteilten Auskünfte unvollständig seien. Der Kläger hat vor dem AG einen Anspruch auf Prämienrückzahlung in Höhe von 3.080,93 Euro zuzüglich Nebenforderungen geltend gemacht. Zudem hat er beantragt, die Beklagte zur Erteilung einer vollständigen „Datenauskunft im Sinne von § 34 BDSG“ sowie zur eidesstattlichen Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der bereits erteilten Auskunft zu verurteilen. Das AG hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger sein Zahlungsbegehren zuzüglich Nebenforderungen unverändert weiterverfolgt (Klageanträge zu 1 und 2). Sein Auskunftsbegehren hat er nunmehr auf Art. 15 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO) gestützt. Das LG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und dabei die Revision hinsichtlich der Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision die Klageanträge weiter.
Entscheidungsanalyse:
Der VI. Zivilsenat des BGH hat geurteilt, dass dem Kläger ein weitergehender Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO gegen die beklagte Versicherungsgesellschaft zusteht, weil die Beklagte die nach dieser Vorschrift bestehenden Ansprüche des Klägers nicht bereits vollständig erfüllt hat. Zur Begründung stellt der Senat im Ausgangspunkt klar, dass sich der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch des Klägers nach dem seit dem 25.05.2018 unmittelbar anwendbaren Art. 15 DS-GVO richtet. Nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Wenn dies der Fall ist, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und bestimmte weitere Informationen. Gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO stellt der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Der Senat betont, dass dem Kläger nach dieser Vorschrift grundsätzlich ein Auskunftsanspruch über die bei der Beklagten als Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 Halbsatz 1 DS-GVO verarbeiteten ihn betreffenden personenbezogenen Daten zusteht. Erfüllt im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB ist ein Auskunftsanspruch nach Worten des BGH grundsätzlich dann, wenn die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen. Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs sei die – gegebenenfalls konkludente – Erklärung des Auskunftsschuldners, dass die Auskunft vollständig sei. Aus Sicht des Senats tragen im konkreten Fall tragen die Erwägungen des Berufungsgerichts die Annahme einer vollständigen Erfüllung des klägerischen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs nicht. Der Senat erläutert, dass auch die zurückliegende Korrespondenz der Parteien, das „Prämienkonto“ des Klägers und Daten des Versicherungsscheins sowie interne Vermerke und Kommunikation der Beklagten nicht kategorisch vom Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ausgeschlossen werden. Interne Vermerke oder interne Kommunikation bei der beklagten Versicherungsgesellschaft, die Informationen über den Kläger enthalten, kämen als Gegenstand des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO somit grundsätzlich in Betracht. Der BGH ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Revision Erfolg hat.
Praxishinweis:
Der BGH weist in diesem Urteil auch darauf hin, dass auch Schreiben der Versicherungsgesellschaft an den Versicherungsnehmer dem Auskunftsanspruch unterfallen können. Dass diese Schreiben dem Versicherungsnehmer bereits bekannt sind, schließt nach Ansicht des BGH den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nicht aus. Dies begründet er auch damit, dass der Auskunftsberechtigte grundsätzlich wiederholt Auskunft verlangen kann.
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