Keine rückwirkende Abgabe eines befristeten Anerkenntnisses des Versicherers
Keine rückwirkende Abgabe eines befristeten Anerkenntnisses des Versicherers
In der Berufsunfähigkeitsversicherung kann der Versicherer ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgeben.
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BGH, 23.02.2022, IV ZR 101/20
Sachverhalt:
Die Klägerin verlangt weitere Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Klägerin unterhält bei der Beklagten seit 2011 eine Berufsunfähigkeitsversicherung, der „Allgemeine Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung“ (BUV) zugrunde liegen. Die Klägerin stellte am 06.07.2015 einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsleistungen, den sie mit einem seit Anfang 2013 bestehenden Bandscheibenvorfall begründete. Die Beklagte holte verschiedene Auskünfte von der Klägerin und dem behandelnden Arzt ein. Nach einer entsprechenden Anforderung erhielt sie über den Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Arztbericht vom 27.05.2016, den Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 26.06.2015 sowie den der Rehaklinik vom 02.02.2016. In dem daraufhin von ihr eingeholten Gutachten vom 30.09.2016 stellte der Sachverständige eine vom 01.07.2015 bis zum 29.02.2016 bestehende Berufsunfähigkeit fest. Die Beklagte erkannte mit Schreiben vom 25.10.2016 ihre Leistungspflicht befristet für diesen Zeitraum mit der Begründung an, dass gemäß dem von ihr eingeholten fachorthopädischen Gutachten ab dem 01.03.2016 wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit vorliege. Eine Kopie des Gutachtens lag diesem Schreiben bei. Die Klägerin ist seit dem 01.03.2016 wieder als medizinische Fachangestellte in Vollzeit tätig. Mit der Klage verlangt die Klägerin die Zahlung von Versicherungsleistungen sowie Beitragsrückerstattungen in Höhe von 39.610,45 Euro nebst gestaffelten Zinsen und die Feststellung des Anspruchs auf Überschussbeteiligung. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsanalyse:
Der IV. Zivilsenat des BGH hat geurteilt, dass die Regelung über die Befristung des Anerkenntnisses für bis zu zwölf Monate in Ziff. 2.5.3 BUV wirksam ist. Die Klausel schränke nicht wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise ein. Nach Auffassung des Senats ist jedoch die von Beklagten ausgesprochene Befristung ihres Anerkenntnisses für einen zurückliegenden Zeitraum unwirksam. Der Senat erläutert, dass Ziff. 2.5.3 BUV der Beklagten erlaubt, in begründeten Einzelfällen einmalig ein zeitlich befristetes Anerkenntnis auszusprechen. Nach Überzeugung des BGH kann der Versicherer in der Berufsunfähigkeitsversicherung ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgeben. Ein Recht zur Abgabe eines rückwirkend befristeten Anerkenntnisses kann der Befristungsklausel in Ziff. 2.5.3 BUV aus Sicht des Senats nicht entnommen werden, da ein solcher Inhalt der Klausel entgegen § 175 VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG abwiche. Rechtsfolge der unzulässigen Rückwirkung der Befristung des Anerkenntnisses ist hierbei nach Worten des Senats, dass sich die Beklagte nicht auf die Befristung berufen kann. Das Anerkenntnis der Beklagten vom 25.10.2016 gelte daher hier als unbefristet abgegeben. Die Beendigung der Leistungspflicht richte sich somit nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens. Der BGH ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Revision Erfolg hat und zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führt.
Praxishinweis:
Mit dem vorliegenden Urteil hat der BGH die umstrittene Frage geklärt, ein Anerkenntnis auch rückwirkend für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum der Berufsunfähigkeit befristet werden kann. Nach Auffassung des BGH ist dies unzulässig, was er auch damit begründet, dass ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG entspräche. Der BGH weist außerdem darauf hin, dass sich aus der Lohnersatzfunktion der Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ein schützenswertes Interesse des Versicherungsnehmers ergibt, dass sich der Versicherer möglichst bald und für längere Zeit bindend erklärt, ob er seine Leistungspflicht anerkennt.
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