Entschädigungsleistungen nach Leitungswasserschaden
Entschädigungsleistungen aus einer Wohngebäudeversicherung nach einem Leitungswasserschaden
Wasser ist aus mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen der Wasserversorgung bestimmungswidrig ausgetreten, wenn es in der Dusche am Fliesenspiegel herunterläuft und über den nicht versiegelten Fliesendurchgang der Duscharmaturen in die dahinter liegende Zwischenwand gelangt. Der nicht versiegelte, schadensträchtige Durchgang der Armaturen im Fliesenspiegel fällt als Teil der Dusche unter eine mit dem Rohrsystem verbundene sonstige Einrichtung nach § 6 1.b) VGB 88. Daher ist der Versicherungsnehmer nach § 4 1.b) VGB 88 zu entschädigen
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
OLG Naumburg, 08.02.2018, 4 U 67/17
Sachverhalt:
Die Klägerin macht nach einem Leitungswasserschaden Entschädigungsleistungen aus einer Wohngebäudeversicherung gegen die Beklagte geltend. Die Klägerin unterhält für das von ihr bewohnte Einfamilienhaus (Baujahr 2007) eine Wohngebäudeversicherung, die auch Leitungswasserschäden mit umfasst. Die Klägerin bemerkte in ihrem Haus im August 2016 Nässeschäden im Wandbereich zwischen Wohnzimmer und Bad und zeigte den Schaden bei der Beklagten an. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Sch. stellte nach einem Ortstermin in seinem Gutachten vom 04.12.2016 vor allem im Bereich der Trennwand zwischen Bad und Wohnraum massive Rostansätze am Metallständerwerk, Nässeschäden im Bereich der Dämmung, Stockflecken und Schimmelbildung an der Innenseite der Außenwand im Bereich des Wohnzimmers neben dem Bad fest. Schadensursächlich war Wasser, das im Bereich der Dusche am Fliesenspiegel herunterlief und durch den nicht versiegelten Fliesendurchgang der Duscharmaturen in die dahinter liegende Zwischenwand gelangte. Die Reparaturkosten schätzte der Sachverständige mit 7.500 Euro netto ein. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nach den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen für den Schaden einstandspflichtig sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung und verfolgt ihr bisheriges Begehren unverändert fort.
Entscheidungsanalyse:
Der 4. Zivilsenat des OLG Naumburg hat geurteilt, dass es sich hier um einen vom Versicherungsschutz umfassten bedingungsgemäßen Leitungswasserschaden nach den § 4 1.b), § 6 1.b) VGB 88 handelt und ein Risikoausschluss nach § 9 4.a) VGB 88 für Plansch- oder Reinigungswasser ausscheidet. Daher bestehe ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf die geltend gemachte Entschädigungsleistung aus dem Versicherungsvertrag. Nach § 4 1.b) VGB 88 werden versicherte Sachen entschädigt, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen. Leitungswasser ist nach § 6 1.b) VGB 88 Wasser, das aus mit dem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder Schläuchen der Wasserversorgung bestimmungswidrig ausgetreten ist. Aus Sicht des Senats steht im konkreten Fall aufgrund der Auslegung der VGB 88 fest, dass der nicht versiegelte, schadensträchtige Durchgang der Armaturen im Fliesenspiegel als Teil der Dusche unter eine mit dem Rohrsystem verbundene sonstige Einrichtung nach § 6 1.b) VGB 88 fällt und die Klägerin deshalb nach § 4 1.b) VGB 88 zu entschädigen ist. Nach Auffassung des OLG liegt es nahe, den Begriff der „Einrichtung“ weit zu verstehen und darunter alle in einem Haus üblicherweise vorhandenen Wasserverbrauchsstellen zu fassen, sofern ihnen Wasser über Zuleitungen zugeführt wird, welches in Ableitungen anschließend von dort wieder weggeführt wird. Daher falle eine Dusche unter den Versicherungsschutz, denn sie werde über die Armaturen und den Duschkopf mit Frischwasser versorgt, das nach dem Reinigungsvorgang über Ableitungsrohre entsorgt werde. Nach Ansicht des Senats gehören zu einer Duscheinrichtung auch sämtliche Außenwände, welche den Austritt des Wassers während des Reinigungsvorgangs verhindern, ganz gleich, ob sie den Ein- oder Ausstieg ermöglichen oder aber, wie hier, den Anschluss zum Gebäude herstellen und nach dort die Dusche über einen Fliesenspiegel abgrenzen. Im konkreten Fall habe sich das Wasser nach dem Austritt aus dem Duschkopf zunächst weiterhin innerhalb der Dusche befunden und diese Einrichtung erst anschließend über den defekten Fliesenspiegel verlassen, was zweifellos „bestimmungswidrig“ im Sinne von § 6 1.b) VGB 88 geschehen sei. Die Berufung der Klägerin habe daher im Ergebnis Erfolg.
Praxishinweis:
Nach Auffassung des OLG Naumburg handelt es sich bei dem hier aus dem Fliesenspiegel der Dusche ausgetretenen Wasser auch um kein „Plansch- oder Reinigungswasser“, sodass ein Risikoausschluss nach § 9 4.a) VGB 88 zugunsten der beklagten Wohngebäudeversicherung nicht eingreift. Denn der Wasseraustritt durch den Fliesenspiegel beruhte aus Sicht des OLG nicht darauf, dass in der Dusche in besonderer Weise geplanscht oder gespritzt worden wäre, sondern er fand gerade auch bei einer gewöhnlichen Nutzung der Dusche durch das am Fliesenspiegel herunterlaufende Wasser statt.
Urteil des OLG Naumburg vom 08.02.2018, Az.: 4 U 67/17
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