Auskunftsanspruch eines Rechtsschutzversicherers gegen einen Rechtsanwalt
Auskunftsanspruch eines Rechtsschutzversicherers gegen einen Rechtsanwalt
Dem Rechtsschutzversicherer, der einen Prozess vorfinanziert hat, steht zur Ermittlung eines möglichen Herausgabeanspruchs ein Auskunftsanspruch gegen den durch seinen Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalt zu.
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
BGH, 13.02.2020, IX ZR 90/19
Sachverhalt:
Der Versicherungsnehmer der Klägerin suchte den Beklagten zu 2, der zusammen mit einer Rechtsanwältin die beklagte Anwaltssozietät zu 1 betrieb, in einer Verkehrsunfallsache zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf. Die Klägerin erteilte jeweils auf Anforderungen Deckungszusagen für die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit der Beklagten. Insgesamt wurden von der Klägerin bis Juli 2016 Kostenvorschüsse in Höhe von 2.862,26 Euro gezahlt. Hiervon wurde der Klägerin im September 2016 ohne weitere Informationen ein Betrag in Höhe von 1.309,41 Euro zurückerstattet. Nachfolgende schriftliche Anfragen der Klägerin hinsichtlich des Sachstands des Verfahrens beantworteten die Beklagten nicht. Die Klägerin mandatierte ihrerseits Rechtsanwälte, die die Beklagten mehrfach erfolglos zur Auskunft aufforderten. Diese lehnten eine Auskunftserteilung ab. Die nachfolgend gegen die Beklagten erhobene Klage hat die Klägerin hinsichtlich des Auskunftsbegehrens für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte zu 2 in dem erstinstanzlichen Termin zur mündlichen Verhandlung am 09.11.2017 Angaben zu dem Stand des Verfahrens gemacht hatte. Den weiteren Antrag, die Beklagten zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen zu verurteilen, hat die Klägerin aufrechterhalten. Die Beklagten haben an ihrem Abweisungsantrag festgehalten. Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsanalyse:
Der 9. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat geurteilt, dass die klageführende Rechtsschutzversicherung Inhaberin des geltend gemachten Auskunftsanspruchs aus § 666 BGB war. Nach Überzeugung des Senats stand der Klägerin gegen die Beklagten ein Auskunftsanspruch nach § 666 BGB aus gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangenem Recht zu. Zur Begründung weist der Senat zunächst darauf hin, dass die Rechtsschutzversicherung eine Schadensversicherung ist, für die § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG gilt. Der BGH macht zudem deutlich, dass der Klägerin hier gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskehrung der von dem Prozessgegner geleisteten Zahlungen zusteht. Wenn nämlich der Prozessgegner an den von dem Versicherungsnehmer beauftragten Rechtsanwalt Zahlungen leistet, so geht nach Worten des Senats der vertragliche Anspruch des Versicherungsnehmers auf Herausgabe des Erlangten aus § 675 Abs. 1, § 667 BGB gegen seinen Rechtsanwalt gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer über. Der Senat betont außerdem, dass der Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers gegen seinen Rechtsanwalt als Hilfsrecht in analoger Anwendung von §§ 412, 401 BGB dem Anspruch auf Herausgabe des Erlangten aus § 675 Abs. 1, § 667 BGB folgt. Daher stehe der Klägerin zur Ermittlung eines möglichen Herausgabeanspruchs aus § 667 BGB ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagten zu. Aus Sicht des Senats stand hier dem Anspruchsübergang auch nicht die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht aus § 43a Abs. 2 BRAO entgegen. Der BGH ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Revision keinen Erfolg hat.
Praxishinweis:
Nach der hier vom BGH vertretenen Auffassung ist von einer konkludenten Entbindung des Rechtsanwalts von der Verschwiegenheitsverpflichtung durch den rechtsschutzversicherten Mandanten auszugehen, soweit es die Abrechnung des Mandats betrifft, wenn der Rechtsschutzversicherer mit Einverständnis seines Versicherungsnehmers einen Prozess finanziert und der Mandant dem beauftragten Rechtsanwalt den Verkehr mit dem Rechtsschutzversicherer überlässt. Denn nur auf diese Weise kann der Rechtsanwalt nach Ansicht des BGH den Auftrag des Mandanten und dessen Auskunftspflicht seinem Rechtsschutzversicherer gegenüber sachgerecht erfüllen.
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