Wirksamkeit einer „erweiterten Schlüsselklausel“ in der Hausratversicherung
Wirksamkeit einer „erweiterten Schlüsselklausel“ in der Hausratversicherung
Die sogenannte „erweiterte Schlüsselklausel“ in der Hausratversicherung, wonach ein Einbruchdiebstahl auch dann vorliegt, wenn der Täter in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat, unterfällt als primäre Leistungsbeschreibung nicht der Inhaltskontrolle und verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot.
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
BGH, 05.07.2023, IV ZR 118/22
Sachverhalt:
Der Kläger verlangt Leistungen aus einer beim beklagten Versicherungsverein gehaltenen Hausratversicherung, der die „G (G 2014)“ zugrunde liegen. Der Kläger behauptet, ihm sei im August 2017 aus seinem Firmenfahrzeug eine Aktentasche entwendet worden, in der sich unter anderem Rechnungen mit seiner Wohnanschrift und ein Schlüsselbund mit Wohnungs- und Tresorschlüssel befunden hätten. Nur kurze Zeit später hätten unbekannte Täter damit seine Wohnung betreten, den dort befindlichen Tresor geöffnet und diverse Wertgegenstände sowie Bargeld entwendet. Der Gesamtwert der entwendeten Sachen belaufe sich auf 64.413,25 Euro. Mit seiner Klage verlangt der Kläger diesen Betrag abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung. Zudem begehrt er den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie Zinsen auf die Haupt- und die Nebenforderung. Der Beklagte hält einen versicherten Einbruchdiebstahl nicht für gegeben und beruft sich zudem auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles und der Verletzung von Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag. In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsanalyse:
Der IV. Zivilsenat des BGH hat geurteilt, dass ein Versicherungsfall gemäß § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014 hier nicht vorliegt. Zur Begründung weist der Senat zunächst darauf hin, dass die sogenannte „erweiterte Schlüsselklausel“ in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014, die den Versicherungsschutz bei einem Eindringen des Täters in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel davon abhängig macht, dass die Schlüsselvortat „ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers“ erfolgt ist, nicht unwirksam ist. Nach Überzeugung des Senats ist diese Klausel in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014 nicht gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie ist nach Auffassung des BGH gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen. Kontrollfrei seien nämlich bloße Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen festlegen. Der Senat betont, dass die Klausel in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014, soweit sie den Versicherungsschutz davon abhängig macht, dass der Täter den zur Begehung des Diebstahls verwendeten Schlüssel „ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers“ an sich gebracht hat, die vom Beklagten geschuldete Leistung hier unmittelbar festlegt. Aus Sicht des Senats können außerdem schutzwürdige Erwartungen des Versicherungsnehmers auf einen bestehenden Versicherungsschutz durch die in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014 enthaltenen Einschränkungen nicht verletzt werden, weil der mittels eines zuvor entwendeten richtigen Schlüssels verübte Diebstahl nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht unter die in § 27 Nr. 2 G 2014 nur schlagwortartig umschriebene Gefahr des Einbruchdiebstahls fällt. Das so verstandene Leistungsversprechen des Beklagten weiche auch nicht im Sinne von § 32 S. 1 VVG von § 28 VVG ab. Nach Ansicht des BGH verstößt die Klausel in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014 darüber hinaus auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Aus Sicht des Senats ist es für ein fahrlässiges Verhalten des Klägers zudem ausreichend, dass sich der Schlüssel in einer geschlossenen und von außen gut sichtbaren Aktentasche auf dem Sitz seines Fahrzeugs befunden hat. Der BGH ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Revision des Klägers keinen Erfolg hat.
Praxishinweis:
Der BGH hat in diesem Urteil die umstrittene Frage der Wirksamkeit einer Klausel wie in § 28 Nr. 4 Buchst. a), 4. Spiegelstrich G 2014 entschieden. Er folgt hier der überwiegenden Auffassung, die Klauseln, nach denen der mittels eines durch Diebstahl erlangten richtigen Schlüssels begangene Diebstahl versichert ist, der Versicherungsschutz aber davon abhängig gemacht wird, dass der Täter den Schlüssel ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers – oder Gewahrsamsinhabers – an sich gebracht hat, für wirksam hält. Nach Ansicht des BGH spricht auch der Schutzzweck der Inhaltskontrolle für eine Kontrollfreiheit der Klausel.
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