Nachweis des Versicherungsfalls bei behaupteten Kfz-Diebstahl
Nachweis des Versicherungsfalls bei behaupteten Kfz-Diebstahl
Für die Beweiserleichterung des „äußeren Bildes“ eines versicherten Kfz-Diebstahls ist Voraussetzung, dass der Versicherungsnehmer sowohl das Abstellen als auch das anschließende Nichtwiederauffinden des Fahrzeuges beweist. Der behauptete Diebstahl eines Kfz kann auch durch die Verwertung eines Strafurteils als Urkundenbeweis bewiesen werden.
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
OLG Dresden, 20.06.2022, 4 U 87/22
Sachverhalt:
Das Kraftfahrzeug des Klägers ist bei der beklagten Versicherungsgesellschaft unter anderem gegen Diebstahl versichert. Der Kläger hat aufgrund eines angeblichen Kfz-Diebstahls von der Beklagten Zahlung der Versicherungsleistung verlangt. Das LG hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
Entscheidungsanalyse:
Der 4. Zivilsenat des OLG Dresden hat entschieden, dass der Kläger den Beweis für das äußere Bild eines versicherten Diebstahls geführt hat und der Beklagten der ihr obliegende Gegenbeweis eines nur vorgetäuschten Diebstahls nicht gelungen ist. Nach Überzeugung des Senats konnte der Kläger hier nachweisen, dass ein Versicherungsfall i.S.v. Ziffer A.2.5 gemäß den zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) eingetreten ist. Der Kläger muss hierfür nach Auffassung des Senats nicht den behaupteten Diebstahl an sich beweisen. Es genüge vielmehr, dass er das „äußere Bild“ einer bedingungsgemäßen Entwendung nachweise, Hierfür reiche bereits der Nachweis eines Mindestmaßes an Tatsachen aus, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen. Zu diesem Maß an Tatsachen gehört nach Worten des OLG, dass der Versicherungsnehmer nachweist, dass das versicherte Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt wurde und zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt an diesem Ort nicht wieder aufgefunden werden konnte. Diesen Nachweis habe der Kläger hier erbracht. Er hat im Rahmen seiner Anhörung vor dem LG glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, wie er das Fahrzeug am Abend des 15.04.2019 gegenüber seinem Wohnhaus abgestellt und am Morgen des 16.04.2019, als er seinen Sohn gegen 7.30 Uhr zur Schule fahren wollte, nicht mehr aufgefunden habe. Der Tatsachenvortrag des Klägers werde außerdem bewiesen durch die Verurteilung des Angeklagten K. wegen schweren Bandendiebstahls in neun Fällen – darunter auch der unter Tat Nr. 6 aufgeführte Diebstahl des streitgegenständlichen Fahrzeugs – mit rechtskräftigem Urteil des LG Dresden – Große Strafkammer – vom 07.08.2020. Nach Überzeugung des Senats kann nämlich der behauptete Diebstahl eines versicherten Kfz durch ein rechtskräftiges Strafurteil im Wege des Urkundenbeweises nachgewiesen werden. Der Beklagten sei es auch nicht gelungen, vorsätzliches oder gar arglistiges Handeln des Klägers zu beweisen. So sei der Beklagten auch nicht der Beweis dafür, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht worden sei, nicht gelungen. Nach Auffassung des OLG ist die Beklagte auch nicht wegen der Verletzung von Obliegenheitspflichten durch den Kläger leistungsfrei. Der Versicherungsnehmer hat nach Worten des Senats auf entsprechendes Verlangen auch solche Tatsachen wahrheitsgemäß und vollständig zu offenbaren, deren Angabe eigenen Interessen widerstreitet, weil sie es dem Versicherer erst ermöglichen, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen. Nach Ansicht des Senats hätte außerdem eine etwaige Aufklärungspflichtverletzunge des Klägers im konkreten Fall zu keinen bestimmten Nachteilen für die Beklagte geführt. Denn die angegebene Laufleistung führe zu keiner Minderung der aufgrund des Versicherungsfalles geschuldeten Versicherungsleistung, da sie keinen Einfluss auf die nach A.2.5.1.2. AKB geschuldete Neuwertentschädigung habe. Die Berufung der Beklagten habe daher im Ergebnis keinen Erfolg.
Praxishinweis:
Nach der hier vom OLG Dresden vertretenen Auffassung ist die falsche Angabe der Gesamtlaufleistung eines PKW durch den Versicherungsnehmer unerheblich und wirkt sich nicht zum Nachteil des Versicherers aus, wenn der Versicherungsnehmer wie hier im Fall eine Neuwertentschädigung geltend macht. Das OLG weist außerdem darauf hin, dass die Kenntnis des Versicherungsnehmers von den nach Eintritt des Versicherungsfalles mitzuteilenden Umständen bei Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit zum objektiven Tatbestand gehört, den der Versicherer zu beweisen hat (so BGH, Urteil vom 13.12.2006 – IV ZR 252/05).
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