Kein Entschädigungsanspruch eines Hotelbetreibers wegen coronabedingter Betriebsschließung
Kein Entschädigungsanspruch eines Hotelbetreibers wegen coronabedingter Betriebsschließung
Einem Hotelbetreiber als Versicherungsnehmer einer Firmenversicherung, die auch das Betriebsschließungsrisiko erfasst, steht kein Entschädigungsanspruch wegen einer coronabedingten Betriebsschließung aus dem Versicherungsvertrag zu, wenn die Versicherungsbedingungen einen Deckungsschutz nur bei Betriebsschließungen aufgrund der aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger vorsehen und wenn Covid 19/SARS-Cov-2 dort nicht mitaufgeführt ist.
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LG Köln, 09.12.2020, 20 O 206/20
Sachverhalt:
Die Klägerin betreibt ein Hotel in Köln. Für dieses unterhält sie bei der Beklagten eine Firmenversicherung, die auch das Betriebsschließungsrisiko erfasst. Mit Allgemeinverfügung der Stadt Köln vom 19.03.2020 wurde der Betrieb von Hotels oder sonstigen Beherbergungsstädten aufgrund der Corona-Pandemie mit näheren Regelungen untersagt. Ausgenommen hiervon blieben Übernachtungen und Unterbringungen von sogenannten Schlüsselpersonen sowie sonstige Unterbringung auf gesonderte behördliche Anordnung. Mit Corona-Schutzverordnung vom 22.03.2020 untersagte das Land NRW Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken und zu Reisebusreisen. Aus diesem Anlass verkündete die Stadt Köln am 03.04.2020 die Aufhebung der Allgemeinverfügung unter anderem vom 19.03.2020. Das Hotel der Klägerin war – in streitigem Umfang – aus diesem Anlass geschlossen vom 20.03.2020 bis 31.03.2020. Daraufhin wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 08.04.2020 an die Beklagte und forderte diese auf, für die Schließungszeit den entgangenen Betriebsumsatz i.H.v. 42.073,48 Euro bedingungsgemäß, nämlich zu 75 % zu erstatten. Die Beklagte teilte daraufhin per E-Mail ihres Vertreters mit, dass sie vergleichsweise einen Betrag von 11.250 Euro anbiete. Die Klägerin macht geltend, dass sie ihren Betrieb für zwölf Tage beginnend ab dem 20.03.2020 habe schließen müssen. Ihr Nettoumsatz, so behauptet die Klägerin weiter, habe sich in der Zeit vom 20.03.2019 bis zum 31.3.2019 auf 42.073,48 Euro und für den gesamten März 2019 auf 149.704,48 Euro netto belaufen. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe ihr bedingungsgemäß 75 % des Vorjahresumsatzes zu erstatten. Der Versicherungsfall sei eingetreten. Covid 19 sei in § 6 Abs. 1 Nr. 1t IfSG ausdrücklich erwähnt, sodass aufgrund einer dynamischen Verweisung der Versicherungsbedingungen auf die jeweils gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes die Beklagte Versicherungsschutz zu gewähren habe. Die Beklagte macht geltend, das Corona-Virus sei keine unter den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag zu subsumierende versicherte Gefahr.
Entscheidungsanalyse:
Die 20. Zivilkammer des LG Köln hat geurteilt, dass der Klägerin kein Entschädigungsanspruch wegen der coronabedingten Betriebsschließung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag zusteht. Die Kammer weist zur Begründung zunächst darauf hin, dass die Versicherungsbedingungen einen Deckungsschutz nur bei Betriebsschließungen aufgrund der unter B.II.4 § 2 im Einzelnen aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger vorsehen. Covid 19/SARS-Cov-2 seien dort nicht mitaufgeführt. Covid 19/SARS-Cov-2 seien zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages auch noch nicht bekannt gewesen. Das LG hat zudem festgestellt, dass die Versicherungsbedingungen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhalten. Maßgeblich seien dabei die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nach Überzeugung der Kammer sind Betriebsschließungen aufgrund von Covid 19/SARS-Cov-2 beim vorliegenden Vertragswerk nicht in der Deckung enthalten. Die Kammer erläutert, dass die Versicherungsbedingungen eine Entschädigungsleistung nur für den Fall vorsehen, dass eine der in den Versicherungsbedingungen namentlich aufgeführten Krankheiten oder Krankheitserregern, zu denen Covid 19/SARS-CoV-2 nicht gehören, der Betriebsschließung zugrunde liegen und es deshalb zur Betriebsschließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes kommt. Aus Sicht des LG hat der durchschnittliche Versicherungsnehmer keinen Anlass anzunehmen, eine Entschädigungspflicht entstehe auch, wenn nach Abschluss des Versicherungsvertrages weitere Krankheiten oder Krankheitserreger im IfSG (oder in einer aufgrund des IfSG ergangenen Rechtsverordnung) namentlich genannt werden. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde die sprachlich eindeutige Aufzählung vielmehr als abschließend ansehen und auch nicht auf den Gedanken kommen, die Aufzählung unter B.II.4 § 2 beinhalte nur eine nachrichtliche Mitteilung, welche Krankheiten und Krankheitserreger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages in §§ 6, 7 IfSG namentlich aufgelistet seien. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer weiß nämlich nach Worten der Kammer, dass der Versicherer grundsätzlich bestrebt ist, keine Deckung für Fälle zu versprechen, die er nicht kennt, wie etwa vorliegend das Auftreten neuer Krankheiten und Krankheitserreger, die ebenfalls meldepflichtig werden können nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 5, 7 Abs. 2 IfSG. Das LG ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klage unbegründet ist.
Praxishinweis:
Das LG München I hat – anders als das LG Köln im vorliegenden Fall – dem Betreiber einer Gaststätte einen Anspruch auf Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung vor dem Hintergrund der Corona-Krise zugesprochen (LG München I, Urteil vom 01.10.2020 – 12 O 5895/20). Auch am 22.10.2020 hat das LG München I – 12 O 5868/20 – einer weiteren Klage auf Zahlung einer Entschädigung aufgrund der Corona-bedingten Betriebsschließung gegen eine Versicherung weitgehend stattgegeben. Das LG Köln weist in dem vorliegenden Urteil zur Begründung auch darauf hin, dass kein Versicherungsnehmer davon ausgehen kann, dass grundsätzlich alle Risiken auf einem bestimmten Gebiet in der Deckung sind, sofern sich dies nicht aus den Versicherungsbedingungen ergibt.
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