Kürzung von Weihnachtsgeld
Kürzung von Weihnachtsgeld bei Arbeitsunfähigkeit
Handelt es sich bei einer Sonderzahlung um Arbeitsvergütung für geleistete Arbeit, ist eine Kürzung nach § 4a EFZG nicht möglich. Die Sonderzahlung ist jedoch – ohne gesonderte ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung – für die Zeiten zu kürzen, in denen infolge Arbeitsunfähigkeit kein Entgeltfortzahlungsanspruch bestand.
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LAG Niedersachsen, 07.01.2019, 7 Sa 490/18
Handelt es sich bei einer Sonderzahlung um Arbeitsvergütung für geleistete Arbeit, ist eine Kürzung nach § 4a EFZG nicht möglich. Die Sonderzahlung ist jedoch – ohne gesonderte ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung – für die Zeiten zu kürzen, in denen infolge Arbeitsunfähigkeit kein Entgeltfortzahlungsanspruch bestand.
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LAG Niedersachsen, 07.01.2019, 7 Sa 490/18
Hinweis: Im Einzelfall kann eine Veröffentlichung einige Tage später erfolgen, da die Entscheidung zunächst amtlich veröffentlicht und entsprechend aufbereitet werden muss.
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sonderzuwendung für das Jahr 2017. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 2007 beschäftigt und erhielt seitdem ein Weihnachtsgeld in Höhe von 100% ihres Bruttomonatsentgelts. Am 25.04.2017 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der u.a. die jeweils gültige Fassung der Arbeitsordnung und der Allgemeinen Organisatorischen Richtlinien der Beklagten (ASO) in Bezug nimmt. In § 6 Abs. 2 ASO ist geregelt: „Der Arbeitgeber entscheidet für Mitarbeiter, mit denen vertraglich weder eine limitierte noch eine pauschale Abgeltung von Mehrarbeit/Überstunden vereinbart worden ist, über die Gewährung eines Weihnachtsgeldes und dessen Höhe jedes Jahr neu, mit der Maßgabe, dass auch mit einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird. …“ Die Klägerin ist seit dem 27.07.2017 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 07.09.2017 zahlt die Beklagte keine Entgeltfortzahlung mehr an die Klägerin. Am 15.11.2017 teilte die Beklagte ihren Arbeitnehmern durch Veröffentlichung im Intranet mit: „Wir haben beschlossen, eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 75% eines Monatsgehaltes (anteilig bei unterjährigem Firmeneintritt) mit dem Gehalt für November zur Auszahlung zu bringen. Bis auf Widerruf wird ab dem 20. Arbeitsunfähigkeitstag bei jeder jährlichen evtl. zur Auszahlung zu bringenden Weihnachtsgratifikation eine anteilige Kürzung vorgenommen. …“ Die Beklagte zahlte an die Klägerin im Jahr 2017 kein Weihnachtsgeld. Die hierauf gerichtete Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat vor dem LAG Niedersachsen teilweise Erfolg.
Entscheidungsanalyse:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 2017 anteilig für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis zum 06.09.2017. Der Anspruch folgt aus § 6 Abs. 2 Satz 1 ASO in Verbindung mit der Mitteilung der Beklagten vom 15.11.2017. § 6 Abs. 2 Satz 1 ASO enthält keinen den vertraglichen Leistungsanspruch ausschließenden Freiwilligkeitsvorbehalt. Die vertragliche Regelung überlässt der Beklagten ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 BGB, was grundsätzlich zulässig ist (vgl. BAG, Urteil vom 03.08.2016, 10 AZR 710/14). Durch die Mitteilung vom 15.11.2017 hat die Beklagte ihr Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt und ihren Mitarbeitern die Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 75% des Bruttomonatsentgelts für das Jahr 2017 nach den in der Mitteilung enthaltenen Bestimmungen zugesagt. Satz 2 der Mitteilung vom 15.11.2017 enthält allerdings keine wirksame Kürzungsregelung. Satz 2 ist dahingehend auszulegen, dass eine Kürzung ab dem 20. Arbeitsunfähigkeitstag nach § 4a EFZG erfolgen soll. Indem die Kürzungsregelung an Arbeitsunfähigkeitstage anknüpft, stellt sie den Bezug zu § 4a EFZG her, der die weiteren Voraussetzungen für eine Kürzung regelt. Eine Kürzung des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2017 nach § 4a EFZG ist aber hier nicht möglich, da es sich um Arbeitsvergütung für geleistete Arbeit handelt. Es fehlt damit an der Voraussetzung in § 4a Satz 1 EFZG, wonach die Leistung zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbracht wird. Voraussetzung eines möglichen Anspruchs auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ASO ist, dass vertraglich weder eine limitierte noch eine pauschale Abgeltung von Mehrarbeit/Überstunden vereinbart ist. Anspruchsberechtigter Personenkreis sind demnach die Arbeitnehmer der Beklagten, bei denen eine gesonderte Vergütung/ein gesonderter Ausgleich von Mehrarbeit/Überstunden erfolgt. In dem Differenzierungsmerkmal liegt zugleich der besondere Bezug zu dem Vergütungsbestandteil „Überstunde/Mehrarbeit“. Hinzu kommt, dass die Mitteilung vom 15.11.2017 für die Berechnung des Weihnachtsgeldes an das jeweilige Monatsentgelt anknüpft und regelt, dass bei unterjährigem Eintritt lediglich eine anteilige Zahlung erfolgt. Da es sich bei dem Weihnachtsgeld für das Jahr 2017 um Arbeitsvergütung handelt, ist diese jedoch – ohne gesonderte ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung – für die Zeiten zu kürzen, in denen infolge Arbeitsunfähigkeit kein Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin im Jahr 2017 bestand (vgl. BAG, Urteil vom 15.08.2018, 10 AZR 419/17). Die zeitanteilige Kürzung betrifft den Zeitraum ohne Entgeltfortzahlung vom 07.09.2017 bis einschließlich zum 31.12.2017.
Praxishinweis:
Nach § 4a EFZG ist eine Vereinbarung über die Kürzung von Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt (Sondervergütungen), auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zulässig. Zum laufenden Arbeitsentgelt zählen auch (Sonder-)Zahlungen mit reinem Entgeltcharakter wie Provisionen, Erfolgsbeteiligungen, Boni oder Prämien, die ausschließlich für die Erbringung der Arbeitsleistung erbracht werden. Will der Arbeitgeber andere Zwecke als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss sich dies deutlich aus der zugrundeliegenden Vereinbarung ergeben. So können Sonderzahlungen z.B. als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren. Hauptmerkmal derartiger Zahlungen ist, dass sie nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängen (vgl. BAG, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 266/14).
Urteil des LAG Niedersachsen vom 07.01.2019, Az.: 7 Sa 490/18
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