Entgeltfortzahlung an Feiertagen nur bei tatsächlich ausgefallener Arbeitszeit
Entgeltfortzahlung an Feiertagen nur bei tatsächlich ausgefallener Arbeitszeit
Wochenfeiertage haben ohne besondere tarifliche oder arbeitsvertragliche Regelung keine Verringerung der geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit zur Folge. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen oder eine entsprechende Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto besteht nur, wenn die Arbeitszeit infolge des Feiertags ausgefallen ist und nicht, wenn der Arbeitnehmer ohnehin frei hatte.
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LAG Berlin-Brandenburg, 20.08.2020, 21 Sa 1792/19
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gutschrift von jeweils vier Stunden auf ihrem Arbeitszeitkonto für 19 gesetzliche Feiertage in den Jahren 2016 bis 2018. Die Klägerin ist bei der Beklagten, einem Personalleasingunternehmen, seit dem 07.04.2016 mit vier Stunden täglich und zwanzig Stunden wöchentlich als Servicekraft auf der Grundlage eines Leiharbeitnehmerarbeitsvertrages beschäftigt und wird im Bereich Gastronomie eingesetzt. Der Arbeitsvertrag nimmt den zwischen dem DGB und der IGZ geschlossenen Manteltarifvertrag (MTV IGZ) in Bezug. Nach § 3 MTV IGZ wird für Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. Auf dieses Konto werden die Stunden übertragen, die über die regelmäßige Arbeitszeit pro Monat hinaus abgerechnet werden. Die Beklagte vergütete die Klägerin für die in dem betreffenden Zeitraum vom 01.05.2016 bis zum 31.05.2018 tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, leistete Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsentgelt, nicht jedoch Entgeltfortzahlung für die von der Klägerin genannten gesetzlichen Feiertage. Die Klägerin ist der Auffassung, die an den Feiertagen geleistete Arbeitszeit zähle nicht zur regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit. Die gesetzlichen bzw. staatlich anerkannten Feiertage seien nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Dies habe zur Folge, dass sie an den gesetzlichen Feiertagen keine Arbeitsleistung erbringen müsse, sondern nach § 2 Abs. 1 EFZG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Entscheidungsanalyse:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Arbeitszeitgutschrift. Es fehlt an einer dafür erforderlichen Anspruchsgrundlage. Nach § 3 MTV IGZ werden auf das Arbeitszeitkonto die Stunden übertragen, die über die regelmäßige Arbeitszeit pro Monat hinaus abgerechnet werden. Dass die Beklagte für die von der Klägerin benannten gesetzlichen Feiertage in den Monaten, in die diese fielen, über die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin von zwanzig Stunden wöchentlich hinaus zusätzliche Stunden abgerechnet hat, ist nicht ersichtlich und hat auch die Klägerin nicht behauptet. Hierzu war die Beklagte auch nicht verpflichtet. Soweit die Klägerin an den genannten gesetzlichen Feiertagen tatsächlich gearbeitet hat oder zumindest für einen Einsatz vorgesehen war, war damit keine Überschreitung ihrer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit verbunden. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie in den jeweiligen Monaten mehr als 20 Stunden wöchentlich gearbeitet hat oder zur Arbeit eingeteilt war. Arbeiten Arbeitnehmer an Feiertagen, handelt es sich nur dann um Mehrarbeit oder Überstunden, wenn durch die Feiertagsarbeit die für die Woche oder den Monat dienstplanmäßig festgesetzten und der regelmäßigen Arbeitszeit entsprechenden Arbeitsstunden überschritten werden. Im Übrigen gibt es keinen Anspruch auf – zusätzliche Vergütung – für Feiertage. Für Feiertagsarbeit sind Arbeitnehmer nach § 611a Abs. 2 BGB die Stunden zu vergüten, die sie gearbeitet haben. Das Gesetz sieht Feiertagsarbeit nicht als „wertvoller“ an, sondern überlässt die Regelung etwaiger Zusatzleistungen den Tarif- oder Arbeitsvertragsparteien. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich etwas anderes auch nicht daraus, dass gesetzliche Feiertage nach Art. 140 GG (Grundgesetz) in Verbindung mit Art. 139 WRV (Weimarer Reichsverfassung) als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt sind. Dieser Schutz begründet für sich genommen keine Ansprüche auf Arbeitsentgelt ohne weitere Voraussetzungen. Der Schutz ist im Arbeitszeitgesetz und im Entgeltfortzahlungsgesetz verwirklicht. Danach hat die Klägerin keine Ansprüche.
Praxishinweis:
Im Übrigen war hier ein Teil der geforderten Ansprüche wegen der tariflichen Ausschlussfrist verfallen. In diesem Zusammenhang hat das LAG Berlin-Brandenburg noch einmal betont, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch bei Arbeitszeitgutschriften auf dem Arbeitszeitkonto die Einhaltung der maßgeblichen Ausschlussfristen zu beachten ist. Fällig werden Ansprüche auf Arbeitszeitgutschriften auf dem Arbeitszeitkonto – sofern keine abweichende tarifliche oder betriebliche Regelung über die Handhabung eines Arbeitszeitkontos besteht – spätestens am Ende eines Monats (vgl. u.a. BAG, Urteil vom 16.10.2014 – 10 AZR 1053/12).
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