Außerordentliche Kündigung wegen unentschuldigter Abwesenheit
Außerordentliche Kündigung wegen unentschuldigter Abwesenheit
Unentschuldigtes Fehlen und eine eigenmächtige Urlaubsnahme eines Arbeitnehmers sind an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu begründen. Die fristlose Kündigung ist auch in Ansehung einer langjährigen Betriebszugehörigkeit wirksam, da die eigenmächtige Abwesenheit von Arbeitnehmern in einem Produktionsbetrieb mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist.
Originalentscheidung auf Wolters Kluwer Online aufrufen:
Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 28.11.2019, Az.: 2 Sa 121/19
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung. Der Kläger war seit 2000 bei der Beklagten als Montierer beschäftigt. 2018 wurde den Arbeitnehmern der Beklagten tarifvertraglich die Möglichkeit zur „Wandlung des neuen tariflichen Zusatzgelds (T-ZUG) in 8 zusätzliche freie Tage“ gegeben. Am 07.09.2018 stellte der Kläger im Computersystem mit dem elektronisch hinterlegten Formular einen solchen Antrag auf Umwandlung des tariflichen Zusatzgeld (T-ZUG) in Freistellungstage. Das Formular enthält u.a. folgende Hinweise: „Bitte beachten Sie, dass Sie eine Rückmeldung zur Wandlung T-ZUG in Freistellungstage frühestens im Dezember erhalten. Der systemseitige Status ‚genehmigt‘ bedeutet, dass der Antrag vom System akzeptiert wurde und ist keine Genehmigung Ihres Antrages.“ Der vom Kläger ausgefüllte Antrag vom 07.09.2018 enthält keine Zeitangabe zu einem bestimmten Urlaubszeitraum. Mitte September 2018 fand der Kläger im System zu seinem Antrag den Status ‚genehmigt‘ vor. Vom 30.09.2018 bis 12.10.2018 verbrachte der Kläger einen zweiwöchigen Urlaub in Spanien. Der Kläger informierte weder die Beklagte noch seine Arbeitskollegen über seine urlaubsbedingte Abwesenheit. Über sein Handy war der Kläger für die Beklagte telefonisch nicht erreichbar. Der Kläger verwies im nachfolgenden Personalgespräch darauf, dass er acht Tage zusätzlichen Urlaub habe und im Computersystem der Urlaub von ihm beantragt und als genehmigt bestätigt worden sei. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24.10.2018 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.05.2019. Der Kläger hat Kündigungsschutzklage eingereicht. Das Arbeitsgericht hat die ordentliche Kündigung für unwirksam erachtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. Beide Parteien haben Berufung eingelegt. Nur die Anschlussberufung der Beklagten hat vor dem LAG Rheinland-Pfalz Erfolg.
Entscheidungsanalyse:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, die Anschlussberufung der Beklagten hingegen begründet. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24.10.2018 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang fristlos beendet. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB liegen im Streitfall vor. Unentschuldigtes Fehlen und eine eigenmächtige Urlaubsnahme eines Arbeitsnehmers sind an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten und ein solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen. Der Arbeitnehmer, der sich selbst beurlaubt, verletzt nicht eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, er verletzt vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er mangels einer Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist. Hier hat sich der Kläger in der Zeit vom 01. bis 12.10.2018 selbst beurlaubt und unstreitig einen zweiwöchigen Urlaub in Spanien verbracht, ohne dass für diesen Zeitraum Urlaub von ihm beantragt und von der Beklagten bewilligt worden war. Im Streitfall kann nicht angenommen werden, dass der Kläger lediglich fahrlässig gehandelt hat und einem Irrtum unterlegen war, weil er angeblich glaubte, berechtigterweise den Zusatzurlaub sofort antreten zu dürfen. Der Kläger wurde bei seinem Antrag auf „Umwandlung tarifliches Zusatzgeld in Freistellungstage“ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der systemseitige Status „genehmigt“ bedeutet, dass der Antrag vom System akzeptiert wurde und dies keine Genehmigung des Antrags ist. Jedenfalls hat der Kläger damit keinen Urlaub für einen bestimmten Zeitraum beantragt. Vielmehr hat er selbst vorgetragen, dass er bei der Beantragung im System keine Zeitangabe eingetragen habe, von wann bis wann er den Urlaub nehmen würde. Dementsprechend kann er auch nicht davon ausgegangen sein, dass ihm Urlaub für die Zeit vom 01. bis 12.10.2018 genehmigt worden ist. Die fristlose Kündigung ist auch in Ansehung einer langjährigen Betriebszugehörigkeit wirksam, da die eigenmächtige Abwesenheit von Arbeitnehmern in einem Produktionsbetrieb mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist.
Praxishinweis:
Der Beklagten ist die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch nicht deshalb zuzumuten, weil der Kläger später im Personalgespräch und in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht sein Fehlverhalten eingestanden und sich hierfür entschuldigt bzw. beteuert hat, dass dies nicht mehr passieren würde. Das Vertrauensverhältnis zur Beklagten ist irreparabel zerstört worden. Daran ändert eine nachträgliche Entschuldigung nichts, zumal es für das eigenmächtige Vorgehen des Klägers ohnehin keine nachvollziehbare Erklärung gibt, die sein Fehlverhalten in einem milderen Licht hätte erscheinen lassen können.
Wenn Sie Fragen über eine außerordentliche Kündigung wegen unentschuldigter Abwesenheit haben, dann nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf.